Achtung: diese Seite wird nur zu Testzwecken betrieben. Hier gelangen Sie zur Madipedia-Website: https://madipedia.de

Allgemeinbildung: Unterschied zwischen den Versionen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
K
keine Bearbeitungszusammenfassung
[gesichtete Version][gesichtete Version]
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 1: Zeile 1:
==Übersicht==
==Übersicht==
Über eine sinnvolle (Be-)Deutung von „Allgemeinbildung“ ist im Zusammenhang mit „[[Bildung]]“ in Pädagogik, Philosophie und [[Didaktik]] vor allem in den letzten 200 Jahren gerungen worden. Dabei wird leider im Alltag – vor allem in den [http://de.wikipedia.org/wiki/Massenmedien Massenmedien] oft „Allgemeinbildung“ mit „Allgemeinwissen“ identifiziert und damit dann zugleich fälschlich „[[Bildung]]“ auf „Faktenwissen“ reduziert. Ferner ist die Bezeichnung [http://de.wikipedia.org/wiki/Bildungsb%C3%BCrgertum „Bildungsbürgertum“] im heutigen Alltagsverständnis oft mit einer negativen Konnotation von „[[Bildung]]“ verbunden.<br /><br />
Über eine sinnvolle (Be-)Deutung von „Allgemeinbildung“ ist im Zusammenhang mit „[[Bildung]]“ in Pädagogik, Philosophie und [[Didaktik]] vor allem in den letzten 200 Jahren gerungen worden. Dabei wird leider im Alltag – vor allem in den [http://de.wikipedia.org/wiki/Massenmedien Massenmedien] oft „Allgemeinbildung“ mit „Allgemeinwissen“ identifiziert und damit dann zugleich fälschlich „[[Bildung]]“ auf „Faktenwissen“ reduziert. Ferner ist die Bezeichnung [http://de.wikipedia.org/wiki/Bildungsb%C3%BCrgertum „Bildungsbürgertum“] im heutigen Alltagsverständnis oft mit einer negativen Konnotation von „[[Bildung]]“ verbunden.<br /><br />
<div id="zweifache Positionierung"></div>Sowohl in der (fachübergreifenden) '''[[Didaktik]]''' als auch (bezüglich des Mathematikunterrichts) in der '''Didaktik der Mathematik''' sind in der zweiten Hälfte des 20. Jh. bemerkenswerte Vorschläge zu einem zeitgemäßen wissenschaftlichen Verständnis von „Allgemeinbildung“ entwickelt worden. Bei dem Mathematikunterricht geht es dabei um eine '''zweifache Positionierung bezüglich „Allgemeinbildung“''':
<div id="zweifache Positionierung"></div>Sowohl in der (fachübergreifenden) '''[[Didaktik]]''' als auch (bezüglich des Mathematikunterrichts) in der '''Didaktik der Mathematik''' sind in der zweiten Hälfte des 20. Jh. bemerkenswerte Vorschläge zu einem zeitgemäßen wissenschaftlichen Verständnis von „Allgemeinbildung“ entwickelt worden. Bei dem Mathematikunterricht geht es dabei um eine '''zweifache Positionierung bezüglich „Allgemeinbildung“''':
* Welchen Beitrag vermag der Mathematikunterricht aus seinem Selbstverständnis heraus zur Entwicklung eines Verständnisses von „Allgemeinbildung“ zu leisten?
* Welchen Beitrag vermag der Mathematikunterricht aus seinem Selbstverständnis heraus zur Entwicklung eines Verständnisses von „Allgemeinbildung“ zu leisten?
* Welche Aufgaben erwachsen dem Mathematikunterricht (wie auch anderen Fächern) daneben oder darüber hinaus aus einem fachübergreifenden Verständnis von „Allgemeinbildung“?  
* Welche Aufgaben erwachsen dem Mathematikunterricht (wie auch anderen Fächern) daneben oder darüber hinaus aus einem fachübergreifenden Verständnis von „Allgemeinbildung“?  
Beide Prozesse sind miteinander verschränkt und als nicht abgeschlossen zu sehen.<br /><br />
Beide Prozesse sind miteinander verschränkt und als nicht abgeschlossen zu sehen.<br /><br />
Nachfolgend werden zunächst [[Didaktische Modelle und Konzepte|didaktische Modelle bzw. Konzepte]] vorgestellt, die sich im Kontext von [[Didaktische Modelle und Konzepte#Kategorien Didaktischer Modelle|„'''Bildung als Leitbegriff'''“]] grundsätzlich dem Ziel von Allgemeinbildung widmen bzw. dieses Ziel bezüglich einer Stellung des Mathematikunterrichts innerhalb von „Allgemeinbildung“ darstellen, gefolgt von Andeutungen zur Stellung des Mathematikunterrichts im Rahmen von Allgemeinbildung.
Nachfolgend werden zunächst [[Didaktische Modelle und Konzepte|didaktische Modelle bzw. Konzepte]] vorgestellt, die sich im Kontext von [[Didaktische Modelle und Konzepte#Kategorien Didaktischer Modelle|„'''Bildung als Leitbegriff'''“]] grundsätzlich dem Ziel von Allgemeinbildung widmen bzw. dieses Ziel bezüglich einer Stellung des Mathematikunterrichts innerhalb von „Allgemeinbildung“ darstellen, gefolgt von Ansätzen zur Stellung des Mathematikunterrichts im Rahmen von Allgemeinbildung.


==Deutungen von „Allgemeinbildung“==
==Deutungen von „Allgemeinbildung“==
Zeile 43: Zeile 43:
==Mathematikunterricht und Allgemeinbildung==
==Mathematikunterricht und Allgemeinbildung==
===Grundsätzliches===
===Grundsätzliches===
<div id="Wolfgang Kramp"></div>Lassen sich die Rolle, die Aufgaben und die Ziele des Mathematikunterrichts aus der „zuständigen“ Fachwissenschaft heraus, also aus der Mathematik, begründen, bewerten und entwickeln? Der Bildungstheoretiker und Didaktiker '''Wolfgang Kramp''' (1927–1983), der mit Wolfgang Klafki zusammengearbeitet hat, bestreitet das fachübergreifend in seinem Artikel „Fachwissenschaft und Menschenbildung“ mit seiner
<div id="Wolfgang Kramp"></div>Lassen sich die Rolle, die Aufgaben und die Ziele des Mathematikunterrichts aus der zuständigen Fachwissenschaft heraus, also aus der Mathematik, begründen, bewerten und entwickeln? Der Bildungstheoretiker und Didaktiker '''Wolfgang Kramp''' (1927–1983), der mit Wolfgang Klafki zusammengearbeitet hat, bestreitet das fachübergreifend in seinem Artikel „Fachwissenschaft und Menschenbildung“ mit seiner
:: ''These, daß sich verbindliche und praktikable Aussagen über Menschenbildung von den Fachwissenschaften her grundsätzlich überhaupt nicht gewinnen lassen.'' <ref>[Kramp 1972, 335]</ref>
:: ''These, daß sich verbindliche und praktikable Aussagen über Menschenbildung von den Fachwissenschaften her grundsätzlich überhaupt nicht gewinnen lassen.'' <ref>[Kramp 1972, 335]</ref>
Kramp führt dazu weiter u. a. aus:
Kramp führt dazu weiter u. a. aus:
Zeile 54: Zeile 54:
:: '''Acht Thesen zum allgemeinbildenden Mathematikunterricht.''' Eine komprimierte Zusammenfassung der Habilitationsschrift „Allgemeinbildung und Mathematik“, zusammengestellt von Hans-Wemer Heymann.  
:: '''Acht Thesen zum allgemeinbildenden Mathematikunterricht.''' Eine komprimierte Zusammenfassung der Habilitationsschrift „Allgemeinbildung und Mathematik“, zusammengestellt von Hans-Wemer Heymann.  
:# Zwischen gesellschaftlicher und subjektiv empfundener Bedeutsamkeit der Mathematik klafft eine Lücke: Einerseits ist Mathematik ein wesentliches Moment unserer Kultur, und unsere Zivilisation ist ohne Mathematik nicht denkbar. Vielen Heranwachsenden bleibt jedoch dunkel, weshalb es sinnvoll ist, sich über die gesamte Schulzeit hinweg mit diesem Fach zu beschäftigen.  
:# Zwischen gesellschaftlicher und subjektiv empfundener Bedeutsamkeit der Mathematik klafft eine Lücke: Einerseits ist Mathematik ein wesentliches Moment unserer Kultur, und unsere Zivilisation ist ohne Mathematik nicht denkbar. Vielen Heranwachsenden bleibt jedoch dunkel, weshalb es sinnvoll ist, sich über die gesamte Schulzeit hinweg mit diesem Fach zu beschäftigen.  
:# Wie jedes andere Fach an allgemeinbildenden Schulen muß sich der Mathematikunterricht fragen lassen, was er zur Allgemeinbildung der Schülerinnen und Schüler beiträgt. Aus einem Allgemeinbildungskonzept läßt sich zwar nicht deduzieren, wie ein der Allgemeinbildung verpflichteter Fachunterricht im Detail auszusehen hätte. Aber Allgemeinbildungskonzepte können Kriterien liefern, anhand derer sich Unterricht beurteilen und gestalten läßt. Im Wechselspiel mit einschlägigen fachlichen und fachdidaktischen Überlegungen sollte sich mittels eines hinlänglich ausgearbeiteten Allgemeinbildungskonzepts konkretisieren lassen, welche Refonn-Akzente für einen „allgemeinbildenden Unterricht“ in dem betreffenden Fach sinnvoll sind.  
:# Wie jedes andere Fach an allgemeinbildenden Schulen muß sich der Mathematikunterricht fragen lassen, was er zur Allgemeinbildung der Schülerinnen und Schüler beiträgt. Aus einem Allgemeinbildungskonzept läßt sich zwar nicht deduzieren, wie ein der Allgemeinbildung verpflichteter Fachunterricht im Detail auszusehen hätte. Aber Allgemeinbildungskonzepte können Kriterien liefern, anhand derer sich Unterricht beurteilen und gestalten läßt. Im Wechselspiel mit einschlägigen fachlichen und fachdidaktischen Überlegungen sollte sich mittels eines hinlänglich ausgearbeiteten Allgemeinbildungskonzepts konkretisieren lassen, welche Reform-Akzente für einen „allgemeinbildenden Unterricht“ in dem betreffenden Fach sinnvoll sind.  
:# Das von mir zugrunde gelegte Allgemeinbildungskonzept fußt auf der Herausarbeitung zentraler Aufgaben allgemeinbildender Schulen in unserer Gesellschaft, die ich in folgendem Katalog zusammengestellt habe: Lebensvorbereitung, Stiftung kultureller Kohärenz, Weltorientierung, Anleitung zum kritischen Vernunftgebrauch, Entfaltung von Verantwortungsbereitschaft, Einübung in Verständigung und Kooperation, Stärkung des Schüler-lchs. Die nachfolgenden Thesen zum Mathematikunterricht orientieren sich an diesen Aufgaben.  
:# Das von mir zugrunde gelegte Allgemeinbildungskonzept fußt auf der Herausarbeitung zentraler Aufgaben allgemeinbildender Schulen in unserer Gesellschaft, die ich in folgendem Katalog zusammengestellt habe: Lebensvorbereitung, Stiftung kultureller Kohärenz, Weltorientierung, Anleitung zum kritischen Vernunftgebrauch, Entfaltung von Verantwortungsbereitschaft, Einübung in Verständigung und Kooperation, Stärkung des Schüler-lchs. Die nachfolgenden Thesen zum Mathematikunterricht orientieren sich an diesen Aufgaben.  
:# '''Lebensvorbereitung''': Die durch den Mathematikunterricht geleistete Lebensvorbereitung im unmittelbar pragmatischen Sinne wird sowohl über- als auch unterschätzt. Einerseits verwenden die meisten Erwachsenen in ihrem beruflichen und privaten Alltag nur selten Mathematik, die über die Stoffe von Klasse 7 hinausgeht. Andererseits werden viele „weichere“, für den Alltag wichtige Qualifikationen im herkömmlichen Mathematikunterricht vernachlässigt: Lebensnützliche mathematische Alltagsaktivitäten wie Schätzen, Überschlagen, Interpretieren und Darstellen sowie die verständige Handhabung technischer Hilfsmittel wie Taschenrechner und Computer sollten im Mathematikunterricht aller Stufen, bei steigendem Anspruchsniveau, häufiger und intensiver thematisiert, mathematisch reflektiert und geübt werden.  
:# '''Lebensvorbereitung''': Die durch den Mathematikunterricht geleistete Lebensvorbereitung im unmittelbar pragmatischen Sinne wird sowohl über- als auch unterschätzt. Einerseits verwenden die meisten Erwachsenen in ihrem beruflichen und privaten Alltag nur selten Mathematik, die über die Stoffe von Klasse 7 hinausgeht. Andererseits werden viele „weichere“, für den Alltag wichtige Qualifikationen im herkömmlichen Mathematikunterricht vernachlässigt: Lebensnützliche mathematische Alltagsaktivitäten wie Schätzen, Überschlagen, Interpretieren und Darstellen sowie die verständige Handhabung technischer Hilfsmittel wie Taschenrechner und Computer sollten im Mathematikunterricht aller Stufen, bei steigendem Anspruchsniveau, häufiger und intensiver thematisiert, mathematisch reflektiert und geübt werden.  
Zeile 66: Zeile 66:
[[Heinrich Winand Winter|Heinrich Winter]] stellt im Zusammenhang mit dem Erscheinen von Heymanns Konzept ein eigenes Konzept unter dem Titel ''„Mathematikunterricht und Allgemeinbildung“'' vor, das er aus seinem Selbstverständnis und seiner profunden Kenntnis des Mathematikunterrichts heraus (auch exemplarisch) begründet, <ref>[Winter 1995]</ref> was sich auch in der Unterüberschrift ''„Was ist mathematische Allgemeinbildung?“'' zeigt. Hier sei nur Folgendes aus seinem Diskussionsbeitrag referiert: <ref>[Winter 1995, 37]</ref>
[[Heinrich Winand Winter|Heinrich Winter]] stellt im Zusammenhang mit dem Erscheinen von Heymanns Konzept ein eigenes Konzept unter dem Titel ''„Mathematikunterricht und Allgemeinbildung“'' vor, das er aus seinem Selbstverständnis und seiner profunden Kenntnis des Mathematikunterrichts heraus (auch exemplarisch) begründet, <ref>[Winter 1995]</ref> was sich auch in der Unterüberschrift ''„Was ist mathematische Allgemeinbildung?“'' zeigt. Hier sei nur Folgendes aus seinem Diskussionsbeitrag referiert: <ref>[Winter 1995, 37]</ref>
:: Da sich Schulunterricht – ungeachtet der berechtigten Forderung nach interdisziplinären Aktivitäten –  als Fachunterricht versteht, muß jedes Fach der allgemeinbildenden Schule öffentlich aufweisen und begründen, inwieweit es für Allgemeinbildung unentbehrlich ist. Das kann nur als eine permanente Aufgabe verstanden werden.<br /><br />
:: Da sich Schulunterricht – ungeachtet der berechtigten Forderung nach interdisziplinären Aktivitäten –  als Fachunterricht versteht, muß jedes Fach der allgemeinbildenden Schule öffentlich aufweisen und begründen, inwieweit es für Allgemeinbildung unentbehrlich ist. Das kann nur als eine permanente Aufgabe verstanden werden.<br /><br />
:: Für den Mathematikunterricht an allgemeinbildenden Schulen (bis zjm Abitur) soll nun skizziert werden, in welcher Weise er für Allgemeinbildung unersetzbar ist:
:: Für den Mathematikunterricht an allgemeinbildenden Schulen (bis zum Abitur) soll nun skizziert werden, in welcher Weise er für Allgemeinbildung unersetzbar ist:
:: Der Mathematikunterricht sollte anstreben, die folgenden drei Grunderfahrungen, die vielfältig miteinander verknüpft sind, zu ermöglichen:
:: Der Mathematikunterricht sollte anstreben, die folgenden drei Grunderfahrungen, die vielfältig miteinander verknüpft sind, zu ermöglichen:
:# Erscheinungen der Welt um uns, die uns alle angehen oder angehen sollten, aus Natur, Gesellschaft und Kultur, in einer spezifischen Art wahrzunehmen und zu verstehen,
:# Erscheinungen der Welt um uns, die uns alle angehen oder angehen sollten, aus Natur, Gesellschaft und Kultur, in einer spezifischen Art wahrzunehmen und zu verstehen,
Cookies helfen uns bei der Bereitstellung von dev_madipedia. Durch die Nutzung von dev_madipedia erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies speichern.

Navigationsmenü