Dynamische Geometrie-Systeme in der Hauptschule – Eine interpretative Untersuchung an Fallbeispielen und ausgewählten Aufgaben der Sekundarstufe


Andreas Kittel (2007): Dynamische Geometrie-Systeme in der Hauptschule – Eine interpretative Untersuchung an Fallbeispielen und ausgewählten Aufgaben der Sekundarstufe. Dissertation, Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd.
Begutachtet durch Astrid Beckmann und Ulrich Kortenkamp.
Tag der mündlichen Prüfung: 22.11.2007.

Zusammenfassung

In Rahmen der vorliegenden Arbeit wird eine Untersuchung zum Einsatz von Dynamischen Geometrie-Systemen (DGS) in der Hauptschule vorgestellt. Dabei geht es vorrangig um die Fragestellungen, wie Schülerinnen und Schüler der Hauptschule mit diesem Medium Mathematik betreiben und welche Bedeutung dem Einsatz von DGS im Mathematikunterricht der untersuchten Schulart zukommt. Das erste Kapitel gibt einen Überblick über den Computereinsatz in der Schule, insbesondere über didaktische Kriterien bei der Verwendung von DGS im Unterricht. Es schließt mit einer Übersicht gängiger DGS und einer Darstellung der Verwendbarkeit der einzelnen Systeme in der Hauptschule.

Im zweiten Kapitel werden Gründe für den Einsatz von DGS vorgebracht, im Speziellen für den Mathematikunterricht der Hauptschule. Es folgt eine qualitative Studie, die aufzeigt, warum trotz dieser gewichtigen Argumente die Aktzeptanz von DGS im Unterricht der Hauptschule immer noch nicht gewährleistet ist. Die Untersuchung wurde mit Hilfe von Leitfadeninterviews bei Hauptschullehrkräften durchgeführt. Die an der Studie beteiligten Pädagogen rechtfertigten die geringe Nutzung der Systeme oftmals mit organisatorischen Argumenten. In erster Linie waren es aber Begründungen, die die Kompetenz der Schülerinnen und Schüler dieser Schulart für den Umgang mit diesen Systemen anzweifelten.

Um diese Bedenken an den Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler näher zu begutachten, wurde eine weitere Untersuchung an Hauptschulen geplant. Diese Studie eruierte wie Schülerinnen und Schüler der Hauptschule mit dem DGS Euklid DynaGeo arbeiten. Die dazu gehörigen theoretischen Hintergründe zum empirischen Forschungsdesign und den -fragen werden im dritten Kapitel näher erörtert. Die Aufgaben für diese Untersuchung und deren didaktischer Hintergrund werden in Kapitel vier vorgestellt. Hierbei wird auch die in der Studie verwendete Idee zur Einführung von DGS im Unterricht präsentiert, die sich auf ein englisches Schulprojekt (Hölzl 1994, S. 241ff.) stützt. Im Anschluss daran findet sich eine Sammlung an lehrplankonformen Unterrichtsinhalten aus den Bildungsstandards der KMK, die sich durch Unterstützung von DGS im Unterricht der Hauptschule besonders eignen.

Im Kapitel fünf, dem umfangreichsten Teil der Arbeit, werden die personenzentrierten Fallstudien der Untersuchung vorgestellt. Dazu werden transkribierte Ausschnitte aus den Interviews dargestellt und im Hinblick auf die Forschungsfragen ausgelegt wiedergegeben. Die Interpretation erfolgt qualitativ durch die Interaktionsanalyse nach Krummheuer/Naujok (vgl. 1999) in fünf Schritten, wobei in diesem Kapitel nur die ausführliche Darstellung der Ergebnisse der Interaktionsanalyse erfolgt.

Zur Kategorisierung dieser Interpretationen werden die oben erhaltenen Ergebnisse in Kapitel sechs im Hinblick auf die Hauptforschungsfragen themenorientiert zusammengefasst und in Bezug zu aktueller didaktischer Literatur dargestellt. Dabei werden der Umgang mit der Software, insbesondere dem Zugmodus, einem Hauptmerkmal von DGS, sowie der Beitrag zum Mathematiklernen besonders betrachtet. Anhand dieser Zusammenstellung zeigt sich, dass der Einsatz von DGS in Hauptschulen den Mathematikunterricht um wichtige Aspekte bereichert. Die komplexe Benutzeroberfläche stellt für die Schülerinnen und Schüler keine Hürde dar und beeinträchtigt das mathematische Arbeiten in keiner Weise, wie das im Vorfeld von den Lehrkräften angenommen wurde. Gegenteilig werden unterschiedliche mathematische Strategien, wie systematisches Probieren oder die Nutzung von Analogien ausgiebig eingesetzt. Hauptschülerinnen und Hauptschüler sind gut in der Lage, DGS auf ihrem Niveau qualifiziert zu bedienen und für das Mathematiklernen förderlich zu nutzen. Die Verwendung der mathematischen Fachsprache wird durch den Einsatz von DGS mit Hilfe der dort integrierten Tooltipps angeregt und zeigt sich auch in ausgeprägterer Form, als vor dem Einsatz dieser Systeme. Weitere Untersuchungen müssen beispielsweise noch klären, ob Teilergebnisse, wie die hohe Motivation der Schülerinnen und Schüler, auch über einen längeren Zeitraum hinweg aufrecht erhalten werden können.

Als Resümee dieser empirischen Untersuchung kann die abschließende Forderung gelten: DGS müssen integrierter Bestandteil des Mathematikunterrichts der Hauptschule werden.


Kontext

Literatur

  • Krummheuer, G., Naujok, N. (1999). Grundlagen und Beispiele Interpretativer Unterrichtsforschung. Oppladen: Leske+Budrich
  • Hölzl, R. (1999). Qualitative Unterrichtsstudien zur Verwendung dynamischer Geometrie-Software. Augsburg: Wißner-Verlag