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Interaktive Tafeln im Mathematikunterricht

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Grundlagen

Eine interaktive Tafel (auch interaktives Whiteboard, digitale Tafel u. ä.) lässt sich beschreiben als Touchscreen in Tafelgröße, auf dem das Bild eines angeschlossenen Computers mittels Beamer projiziert wird. Berührungen der Tafeloberfläche werden in Mausaktivität umgewandelt, sodass man mit den Händen alle Funktionen des Computers direkt und für alle sichtbar an der Tafel steuern kann [1]. Zusätzlich ist eine Software installiert, mit der sich interaktive Tafelbilder erstellen lassen. Dafür gibt es bestimmte Werkzeuge, die sich je nach Softwarehersteller unterscheiden. In allen Fällen ermöglichen sie das Schreiben, Präsentieren, Speichern und Löschen von Tafelinhalten. Für den Mathematikunterricht gibt es zusätzliche Werkzeuge, wie ein Zirkel, ein Geometrie-Dreieck und ein Lineal. Innerhalb der Software können in einer Galerie zusätzliche Arbeitsmaterialien gespeichert und in das Tafelbild eingefügt werden. Standardmäßig sind in der Galerie bestimmte Hintergründe, wie bespielweise Karolinien, verfügbar. Auch vorgefertigte Koordinatensysteme lassen sich dort finden.
Eine interaktive Tafel verbindet die Funktionen von Kreidetafel, Overhead- Projektor, Video-Player und Computer. Es muss nicht zwischen den einzelnen Medien gewechselt werden, sodass eine alleinige Konzentration auf die Tafel möglich ist.

Allgemeine Vorteile

Ein Vorteil im Vergleich zu traditionellen Medien ist, dass Tafelbilder flexibel verändert werden können. Darstellungen lassen sich in ihrer Größe und Lage optimal an die Gegebenheiten anpassen. Ihre Qualität ist durch die direkte Projektion zudem besser als die der Darstellungen mittels Overhead-Projektor. Es können dynamische Tafelbilder gestaltet werden, die sich interaktiv bearbeiten, ergänzen und reduzieren lassen. Darstellungen lassen sich kopieren und erneut verwenden. Ganze Tafelbilder und Dateien kann man auf dem Schulcomputer oder auf einem eigenen Speichermedium speichern. So ist es möglich, diese in späteren Unterrichtstunden oder zur Auswertung zu Hause wieder aufzugreifen und gegebenenfalls zu ergänzen. Dies ist ein besonderer Vorteil gegenüber der Kreidetafel, deren Anschrieb wieder abgewischt werden muss und somit verloren geht. Das Arbeiten mit Computerprogrammen kann an der interaktiven Tafel ebenfalls Vorzüge im Vergleich zur Verwendung eines Laptops und Beamers bringen. Durch Wahl eines Schreib- oder Präsentierwerkzeugs schaltet die interaktive Tafel von dem PC-Modus in den Tafelmodus um, wobei der momentane PC-Bildschirm zum beschreibbaren Tafelbild wird. So lassen sich mit der Hand Notizen zu den erstellten Darstellungen hinzufügen. Dies ist besonders wertvoll, da so an Ort und Stelle Kommentare und Erläuterungen eingefügt werden können. Auch einzelne Objekte können aus Computerprogrammen kopiert und in das Tafelbild zur weiteren Bearbeitung integriert werden.

Ein Mehrwert bei der Planung des Unterrichts entsteht dadurch, dass Tafelbilder und Arbeitsmaterialien am heimischen Computer vorbereitet und mittels eines Speichermediums in der Schule wieder aufgerufen werden können. Das begünstigt die strukturierte und durchdachte Ausgestaltung von Tafelbildern und die Lehrperson kann sich im Unterricht auf andere Aspekte konzentrieren. Denkbar wäre zudem, dass die Schüler Vorträge und Hausaufgaben an einem Schreib- oder Präsentationsprogramm am heimischen Computer erstellen und an der interaktiven Tafel öffnen. Dies hat den Effekt, dass die Lernenden den Computer zunehmend nicht nur als Freizeitobjekt, sondern auch als wertvolles Arbeitsgerät kennenlernen. Genauso fördern der selbstverständliche Umgang mit digitalen Medien im Unterricht und das gemeinsame Arbeiten an der interaktiven Tafel die Medienkompetenz, welche in der heutigen Zeit sehr wichtig ist. Auf der anderen Seite werden die Schüler motiviert selbst an der Tafel aktiv zu sein und Sachverhalte zu präsentieren, da der Computer auch als Freizeitobjekt betrachten wird und die Schüler gern mit ihm umgehen. Zudem fasziniert die interaktive Tafel dadurch, dass an ihr durch Berührungen Dinge bewegt und gesteuert werden können [1]. Die Schüler kommen gern an die Tafel, um etwas zu bearbeiten und anzuschreiben. Mittels Dokumentenkameras, die mit der interaktiven Tafel verbunden sind, kann auch Geschriebenes von Schülern und Buchseiten gemeinsam betrachtet und ausgewertet werden.

Allgemein kann der Gewinn beim Einsatz der interaktiven Tafel in einem intensiveren und informationsreicheren Unterricht gesehen werden. Intensiver, weil die Konzentration auf ein Medium möglich ist, schnell zwischen verschiedenen Anwendungen gewechselt werden kann und Unterrichtsmaterialien und Tafelbilder vollständig vorbereitet und erneut verwendet werden können. Informationsreicher, weil auf dem Computer und dem verwendeten Speichermedium viele Anschauungsmaterialien und Beispiele gesammelt werden können und das Internet eine riesige Plattform mit Zusatzinformationen darstellt. Zudem sprechen Bilder, Videos und Animationen, welche sich einfach einbinden lassen, den visuellen Sinneskanal an, der für die Aufnahme von Informationen sehr wichtig ist [2].

Nachteile

Im Zusammenhang mit dem genannten intensiveren und informationsreicheren Unterricht sind jedoch auch die Gefahren beim Unterrichten mit der interaktiven Tafel zu sehen. Die Konzentration auf ein Medium erzeugt gleichzeitig eine große Abhängigkeit. Ein schnellerer Unterrichtsverlauf und zu viele Materialien können die Schüler überfordern. Informationen aus dem Internet müssen zielgerichtet und kritisch ausgewählt werden, um den Unterricht zu bereichern.
Ein Nachteil der interaktiven Tafel im Vergleich zur klassischen Tafel ist die kleinere Schreibfläche. Hinzu kommt, dass man zu Beginn meist eine größere und unsaubere Handschrift an der Tafel hat, was bei längeren Rechnungen zum Problem werden kann. Bei den meisten Systemen können zudem nicht zwei Personen gleichzeitig durch Berührungen die Tafel bedienen.
Des Weiteren könnte beim Arbeiten mit interaktiven Tafeln die Tatsache hinderlich sein, dass sich die Tafelsoftware von Hersteller zu Hersteller unterscheidet. Die Darstellung und Auswahl der Schreib- und Präsentierwerkzeuge ist verschieden und es gibt keinen einheitlichen Standard, der von jeder Software gelesen werden kann [3]. Der Austausch von Tafelbildern zwischen Schulen mit unterschiedlichen Tafeln ist somit nicht möglich und ein Wechsel der Schule bedeutet ein, wenn auch geringes, Umgewöhnen beim Unterrichten.
Viele Lehrer lehnen die Arbeit mit Tafel vermutlich auch deswegen ab, weil man für das Gestalten von Unterrichtseinheiten, in denen die Tafel intensiv genutzt wird, zunächst eine längere Vorbereitungszeit benötigt. Dadurch das die Materialien immer wieder neu genutzt, ergänzte Beschriftungen einfach gelöscht und Tafelbilder schnell umgestaltet und wieder aufgerufen werden können, sollte der Nachteil jedoch nicht dauerhaft von Bedeutung sein.
Probleme mit der Technik lassen sich leider nicht gänzlich vermeiden. Nicht selten ist zum Beispiel, dass das Internet nicht oder nur langsam funktioniert oder die Tafel ungenau auf Eingaben reagiert. Eine regelmäßige Kalibrierung ist deswegen besonders wichtig.

Mathematikdidaktische Vorteile

Das Verwenden von Computerprogrammen an der interaktiven Tafel, dynamische Tafelbilder, die gute Qualität von Darstellungen sowie das Abspeichern und Aufrufen von erstellten Materialien lassen neue effektive Vorgehensweisen im Mathematikunterricht zu.

  • Der Einsatz der interaktiven Tafel kann alle drei Phasen der Mathematisierung [4] unterstützen (vergleichbar mit den Kernprozessen nach Barzel, Prediger, Leuders, Hußmann: 1. Erkunden, 2. Ordnen, 3. Vertiefen [5]):
1. Die Entwicklung inhaltlicher Mathematik, bei der an einem konkreten Problem durch intuitives Vorgehen Gesetzmäßigkeiten gefunden und Begriffe gebildet werden:
Für die Entwicklung inhaltlicher Mathematik kann die interaktive Tafel gewinnbringend sein, da mit der Internetverbindung aktuelle und ansprechende Realdaten geliefert werden können. Diese lassen sich zusätzlich mit Hilfe von Tabellenkalkulationsprogrammen gemeinsam in der Klasse auswerten. Die Lernenden können mitbestimmen, welche Größen im Unterricht untersucht werden sollen und angeben, welcher Zusammenhang sie besonders interessiert. Während die Lehrperson sonst schon bei der Unterrichtsvorbereitung entscheiden muss, welche Fakten die Schüler ansprechen könnte und beschafft werden müssen, kann dies mit der interaktiven Tafel gemeinsam im Unterricht beschlossen werden. Diese Berücksichtigung des Schülerinteresses erleichtern intuitive Vorgehensweisen.
Außerdem kann die interaktive Tafel ein intuitives Vorgehen bei der Begriffsbildung und Verfahrensfindung durch dynamische Arbeitsblätter ermöglichen, an denen Größen variiert und deren Auswirkungen untersucht werden können. Das Auffinden eines Lösungsweges kann so zum Beispiel durch systematisches Probieren oder graphische Anschauung erfolgen.
2. Die Begrifflich-strukturelle Analyse und das logische Ordnen, wobei mit der Distanzierung von den Problemkontexten die Präzisierung, Abstraktion und Strukturanalysen erfolgen:
An der interaktiven Tafel können Begriffe und Kommentare direkt an das mit dem Computerprogramm erstellte Objekt geschrieben werden. Außerdem können erarbeitete Objekte, wie beispielsweise Graphen und Diagramme, kopiert und auf einem Tafelbild miteinander verglichen werden. Sie können an der interaktiven Tafel dynamisch verschoben und nach bestimmten Kriterien geordnet werden.
Man kann gemeinsam ein Mind Map von neuen Begriffen erstellen, umsortieren und durch späteres Aufrufen immer wieder ergänzen und verbessern.
3. Die Anwendung der Strukturen auf neue Sachverhalte
Die interaktive Tafel kann hier als Beispielgenerator einen wertvollen Beitrag leisten. Zu vielen mathematischen Themengebieten können auf Knopfdruck Beispiele erzeugt werden.

Literatur

  1. 1,0 1,1 Haberkamp, Dirk: Produzieren und Präsentieren mit DGS und interaktivem Whiteboard.In: Der Mathematikunterricht 54 (2008), Heft 6, S. 38-43.
  2. Kohls, Christian: Mein SMART Board. Das Praxishandbuch für den erfolgreichen Einsatz im Unterricht. Erfurt 2011, S. 9.
  3. Schlieszeit, Jürgen: Mit Whiteboards unterrichten. Das neue Medium sinnvoll nutzen. Weinheim und Basel 2011., S. 34
  4. Wittmann, Erich: Grundfragen des Mathematikunterrichts. Braunschweig/Wiesbaden 1981, S.140-141
  5. Barzel, Bärbel; Prediger, Susanne; Leuders, Timo; Hussmann, Stephan: Kontexte und Kernprozesse - Aspekte eines theoriegeleiteten und praxiserprobten Schulbuchkonzepts. In: Beiträge zum Mathematikunterricht 2011.