Sprache und Interaktion im Mathematikunterricht der Grundschule


Marcus Schütte (2009): Sprache und Interaktion im Mathematikunterricht der Grundschule. Dissertation, Universität Hamburg.
Betreut durch Gabriele Kaiser .

Zusammenfassung

Partizipationsanalysen dialogisch strukturierter Lernprozesse im Mathematikunterricht in der Grundschule unter Berücksichtigung der sprachlich-kulturellen Diversität der Lernenden

Marcus Schütte thematisiert in seiner Dissertation den Zusammenhang von Mathematiklernen und Sprache im Kontext einer sprachlich-kulturell heterogenen Schülerschaft. In der Auswertung von 90 videographierten Unterrichtsstunden kann er hinsichtlich der Verwendung von Sprachmustern und Sprachroutinen unterschiedliche Lehrertypen herausarbeiten. Diese unterschiedlichen Sprachmuster und Sprachroutinen werden stärker den Bedürfnissen von monolingualen Schülerinnen und Schüler gerecht als multilingualen. Insbesondere bei der Einführung neuer mathematischer Begriffe und Methoden greifen die Lehrpersonen auf vermeintlich bekanntes Vorwissen und auf ein gemeinsam geteiltes Sprachverständnis zurück, das bestenfalls bei monolingualen Schülerinnen und Schülern vorausgesetzt werden kann. Indem Marcus Schütte zeigen kann, dass und wie der monolinguale Habitus der Lehrerinnen und Lehrer selbst mathematikbezogene Lehr-Lernprozesse beeinflussen, leistet er einen wichtigen Beitrag zur Erforschung von Bildungsgängen in einer pluralen Gesellschaft.

Die Schülerschaft in deutschen Schulen ist zunehmend durch Mehrsprachigkeit und unterschiedlichen kulturellem Hintergrund geprägt, ohne dass dies im Unterricht – der weiterhin in deutscher Sprache ohne Bezug auf die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe der Schülerschaft stattfindet – Berücksichtigung findet. Die vorliegende Untersuchung, die innerhalb des Teilprojektes „Lernprozesse in Mathematik unter Berücksichtigung sprachlich-kultureller Diversität in der Grundschule“ des Graduiertenkollegs „Bildungsgangforschung“ stattfindet, geht daher folgender Fragestellung nach „Wie wirkt sich der sprachlich-kulturelle Hintergrund der Lernenden auf das individuelle Lernen von Mathematik in der Grundschule aus?“ Die Untersuchung ist qualitativ orientiert und verortet sich methodologisch in der „Interpretativen Unterrichtsforschung“. Ausgangspunkt der Untersuchung ist die konstruktivistisch orientierte These der gemeinsamen Konstituierung von Unterricht durch die Lernenden sowie die Lehrperson.. Durch die Partizipation am Unterrichtsgeschehen gestalten die Grundschulkinder Strukturen des Lerngeschehens weitgehend mit und ermöglichen damit individuelle Lernprozesse. Ziel der hier eingenommenen Forschungsperspektive ist, diese individuellen Lernprozesse im Kontext einer mehrsprachigen Schülerschaft zu untersuchen. Die Untersuchung beschränkt sich aus Kapazitätsgründen auf Kinder mit einem türkischen Migrationshintergrund sowie monokulturell deutsche Kinder. Im Mittelpunkt der Studie stehen Videoaufnahmen im Mathematik- und Deutschunterricht. Des Weiteren wurden methodisch Sprachstandserhebungen, schriftliche Befragungen zum soziokulturellen und sozioökonomischen Hintergrund sowie leitfadengestützte narrative Interviews zum mathematischen Weltbild der Kinder durchgeführt. Letztere dienen als „Interpretationsfolien“ für die im weiteren Vorgehen zu erstellenden Partizipationsprofile in Anlehnung an das partizipationstheoretisches Modell schulischen Lernens von KRUMMHEUER/ BRANDT (2001). Die Untersuchung schließt an die Konzeption von KRUMMHEUER (2001) an, der die Bedeutung dialogischer Prozesse im Sinne der Koordination mentaler Aktivitäten für den Lernprozess betont. Für ihn ist im Rahmen des Mathematiklernens zentral, inwieweit die Lernenden in das gemeinsame Erzeugen kollektiver Argumentationen einbezogen sind. Der entscheidende lerntheoretische Aspekt ist dabei die zunehmende Autonomie des Kindes in der Kooperation mit Erwachsenen innerhalb eines Argumentationsprozesses. Um den Autonomiezuwachs der einzelnen Lernenden genauer erfassen zu können, entwirft KRUMMHEUER (2001) ein Produktionsdesign. Dieses unterteilt Äußerungen polyadischer Interaktionen in akustische Realisierung, verbale Formulierung und inhaltliche Funktion. Das Produktionsdesign wird für die Untersuchung modifiziert und zur Beantwortung der obigen Fragestellung eingesetzt.

Auszeichnungen

Kontext

Literatur

  • Dissertation, Print-Version:

Schütte, Marcus (2009): Sprache und Interaktion im Mathematikunterricht der Grundschule - Zur Problematik einer Impliziten Pädagogik für schulisches Lernen im Kontext sprachlich-kultureller PluralitätEmpirische Studien zur Didaktik der Mathematik, Band 1, 216 Seiten, Waxmann, Münster, ISBN 978-3-8309-2133-2

  • KRUMMHEUER, G./ BRANDT, B.: Paraphrase und Traduktion. Partizipationstheoretische Elemente einer Interaktionstheorie des Mathematiklernens in der Grundschule. Weinheim und Basel 2001.

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