Baustelle:Funktion: mengentheoretische Auffassung: Unterschied zwischen den Versionen

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<small><small>Verfasst von [[Horst Hischer]]</small></small>
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==Übersicht==
Die Untersuchung der [[Funktion: kulturhistorische Aspekte|kulturhistorischen Entstehung und Entwicklung des Funktionsbegriffs]] zeigt, wie sich aus ersten Ansätzen bei babylonischen Tabellen, bei der Erfindung von Notentexten, bei der Untersuchung und Darstellung zeitabhängigen [[Größe|Größen]], bei freihändig gezeichneten „Kurven“, bei „analytischen Ausdrücken“ (als [[Term|Termen]]) und bei graphischen und tabellarischen Darstellungen empirisch gewonnener Daten im 19. Jh. ein „termfreier“ Funktionsbegriff als „eindeutige [[Zuordnung]]“ entwickelt hat, der schließlich Anfang des 20. Jhs. auf der Grundlage der zuvor durch [http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Cantor Georg Cantor] begründeten Mengenlehre unter Bezug auf „geordnete Paare“ seine formal strenge und saubere Fassung als spezielle [[Relation]] erhalten hat. <ref>Vgl. hierzu die ausführlichen Betrachtungen in [Hischer 2012, Kapitel 4 und 5].</ref>
==Grundlegende Definitionen==
Unter Bezug auf den mit „binäre Relation“ bezeichneten Begriff lässt sich „Funktion“ knapp und elegant definieren, wobei hier statt „binäre Relation“ kurz „[[Relation]]“ gesagt wird: <ref>Auch [Deiser 2010] definiert „Funktion“ als rechtseindeutige Relation.</ref><br />
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! '''Definition''' || ''Anmerkungen''
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| „'''Funktion'''“ ist eine Kurzbezeichnung für „rechtseindeutige Relation“. ||
• „Abbildung“ ist meist ein Synonym für „Funktion“.<br/>
• „Operatoren“ sind ebenfalls Funktionen, wenn auch in speziellen Themenbereichen.
|}
Die Schreib- bzw. Sprechweisen „<math>f</math> ''ist eine Funktion''“ und „<math>f</math> ''ist eine rechtseindeutige Relation''“ sind also gemäß dieser Definition gleichbedeutend. Ihr liegt Folgendes zugrunde:
[[Datei:Funktion_als_rechtseindeutige_Relation.png|thumb|right|300px||<big>'''Pfeildiagramme''' von zwei Relationen:</big><br />
''links:'' die Relation ist nicht rechtseindeutig;<br />
<big>''rechts:''</big> die Relation ist rechtseindeutig, sie zeigt eine<br />
<big>„'''Funktion'''“ als rechtseindeutige Relation.</big> <br />
Nur die Relation rechts ist auch linkseindeutig.]]
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! vorausgehende Definitionen !! ''Erläuterungen''
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| ''Voraussetzung:'' Es sei <math>R</math> eine (binäre) Relation, <math>R\ne \varnothing</math>. Dann gilt: || <math>R</math> ist also eine Menge von geordneten Paaren, z. B. <math>R\subseteq A\times B</math><br />mit der nicht leeren ''„Ausgangsmenge“'' <math>A</math> und der nicht leeren ''„Zielmenge“'' <math>B</math>.<br />
(Man kann ggf. auch „leere Relationen“ und damit auch „leere Funktionen“ betrachten.)
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| (1) <math>R</math> ist genau dann '''rechtseindeutig''', wenn für alle <math>x,{{y}_{1}},{{y}_{2}}</math> gilt:
::: aus <math>xR{{y}_{1}}\wedge xR{{y}_{2}}</math> folgt stets  <math>{{y}_{1}}={{y}_{2}}</math>.
|| '''Jedem''' Element aus der Ausgangsmenge <math>A</math> '''wird höchstens ein''' Element aus der Zielmenge <math>B</math> [[Zuordnung|zugeordnet]].<br />
Oder: Die [[Zuordnung]] verläuft von links nach '''rechts''' eindeutig.
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| (2) <math>R</math> ist genau dann '''linkseindeutig''', wenn für alle <math>{{x}_{1}},{{x}_{2}},y</math> gilt:
::: aus <math>{{x}_{1}}Ry\wedge {{x}_{2}}Ry</math> folgt stets  <math>{{x}_{1}}={{x}_{2}}</math>.
|| '''Jedes''' Element aus der Zielmenge <math>A</math> '''ist höchstens einem''' Element aus der Ausgangsmenge <math>B</math> [[Zuordnung|zugeordnet]].<br />
Oder: Die ''inverse'' [[Zuordnung]] verläuft von rechts nach '''links''' eindeutig.
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| (3) <math>R</math> ist genau dann '''injektiv''', wenn <math>R</math> sowohl rechtseindeutig als auch linkseindeutig ist.
|| Die [[Zuordnung]] verläuft in beiden Richtungen eindeutig.<br />
Gleichbedeutend mit ''„injektiv“'' ist „'''eineindeutig'''“.
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==Weitergehende Definitionen und Bezeichnungen==
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! übliche Bezeichnungen bzw. symbolische Darstellungen !! ''Erläuterungen''
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| <math>f</math> sei eine (nicht leere) Funktion und <math>f\subseteq A\times B</math> mit nicht leeren Mengen <math>A</math> und <math>B</math>. || (generelle Voraussetzung für das Folgende)
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| Es sei <math>x\in A</math> und <math>y\in B</math>. Falls von <math>x</math> ein (und damit genau ein) Zuordnungspfeil nach <math>y</math> verläuft, dann wird notiert:: <math>x\mapsto y</math>  || gelesen: „dem <math>x</math> wird das <math>y</math> zugeordnet“<br />
oder: „das <math>y</math> wird dem <math>x</math> zugeordnet“<br />
oder: „aus <math>x</math> wird <math>y</math>“,<br />
aber nicht : „<math>x</math> wird zugeordnet <math>y</math>“ (weil dann nicht klar ist, wer wem zugeordnet wird).
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| Es sei <math>x\in A</math> und <math>y\in B</math>. Falls <math>x\mapsto y</math> bezüglich der Funktion <math>f</math> gilt, dann ist:: <math>f(x):=y</math> || <math>f(x)</math> heißt dann '''Funktionswert''' von „<math>x</math> bezüglich <math>f</math>, gelesen: „f von x“.<br />
<math>f(x)</math> muss nicht als [[Term]] darstellbar sein. <ref>Vgl. die Anmerkungen [[Funktion#nicht termdefinierbar|zur kulturhistorischen Genese]] des Funktionsbegriffs bezüglich Fourier und Dirichlet.</ref>
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| <math>{{\operatorname{D}}_{f}}:=\{x\in A|</math> es gibt ein <math>y\in B</math> mit <math>y=f(x)\}</math> || '''Definitionsmenge''' von <math>f</math>, auch „Definitionsbereich“, es ist <math>{{\operatorname{D}}_{f}}\subseteq A</math>.<br>
<math>x</math> ist '''Argument''' von <math>f\ \ :\Leftrightarrow \ \ x\in {{\operatorname{D}}_{f}}</math>.
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| <math>{{\operatorname{W}}_{f}}:=\{y\in B|</math> es gibt ein <math>x\in A</math> mit <math>y=f(x)\}</math> || '''Wertemenge''' von <math>f</math>, auch „Wertebereich“, es ist <math>{{\operatorname{W}}_{f}}=\{f(x)|x\in A\}\subseteq B</math>.
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| Falls <math>{{\operatorname{D}}_{f}}=A</math>, dann wird notiert:: <math>f\,:A\to B</math> || gelesen: „<math>f</math> ist eine Funktion von <math>A</math> '''in''' <math>B</math>“.<br />
Die Zuordnungspfeile <math>\mapsto</math> und <math>\to</math> sind streng zu unterscheiden, denn z. B. gilt:<br />
<math>\{1\}\to \{2,3\}</math> bedeutet: Dem Element <math>1</math> wird das Element <math>2</math> oder <math>3</math> zugeordndet.<br />
<math>\{1\}\mapsto \{2,3\}</math> bedeutet: Der Menge <math>\{1\}</math> wird die Menge <math>\{2,3\}</math> zugeordnet.
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| Falls <math>f\,:A\to B</math> und <math>{{\operatorname{W}}_{f}}=B</math>, dann heißt <math>f</math> '''surjektiv'''.
|| Man sagt dann: „<math>f</math> ist eine Funktion von <math>A</math> '''auf''' <math>B</math>“
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| Falls <math>f</math> surjektiv und injektiv ist, dann heißt <math>f</math> '''bijektiv'''. || <math>f</math> ist dann eine '''Bijektion'''.
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| Eine beliebige '''Bijektion''' einer Menge <math>A</math> '''auf sich selber''' ist eine '''Transformation''' von <math>A</math>. || ''Automorphismen'' (z. B. in Algebra und Geometrie) sind stets strukturerhaltende Transformattonen.
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| Eine beliebige Transformation einer '''endlichen''' Menge <math>A</math> ist eine '''Permutation''' . || ''Umordnungen'' der Elemente einer endlichen Menge sind stets Permutationen.
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| <math>{{\operatorname{G}}_{f}}:=\{(x,f(x))|x\in A\}</math>  || <math>{{\operatorname{G}}_{f}}</math> heißt '''Graph''' von <math>f</math> (oder einfach '''Funktionsgraph'''). Es gilt <math>{{\operatorname{G}}_{f}}</math>
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==Didaktische Vertiefung==
===Funktionsdefinition===
* Ein wesentlicher Aspekt beim Funktionsbegriff ist die eindeutige [[Zuordnung]], die mit „rechtseindeutig“ erfasst werden kann, ohne schon <math>{{\operatorname{D}}_{f}}:=\{x\in A|</math> es gibt ein <math>y\in B</math> mit <math>y=f(x)\}</math> mit voraussetzen zu müssen.
* Wenn die Ausgangsmenge mit dem Definitionsbereich übereinstimmt, wenn also <math>{{\operatorname{D}}_{f}}:=\{x\in A|</math> es gibt ein <math>y\in B</math> mit <math>y=f(x)\}</math> gilt, wird ''jedem Element der Ausgangsmenge genau ein Element der Zielmenge'' zugeordnet, so dass also <math>f\,:A\to B</math> gilt. Es bietet sich für den Mathematikunterricht an, mit dieser engeren Sichtweise zu beginnen (und ggf. dabei zu bleiben).
* Der Aspekt der eindeutigen Zuordnung liegt in zweispaltigen Tabellen automatisch vor, wenn sich in der „Eingangspalte“ (links) kein Element wiederholt. Damit kann eine „Funktion“ alternativ von Anbeginn an auch mit einer solchen Tabelle identifiziert werden, dieses in Übereinstimmung mit der Auffassung der Numeriker und ganz in der kulturhistorischen Tradition der Mathematik von den Babyloniern bis Du Bois-Reymond (s. o).
* Die symbolische Darstellung „<math>f\,:A\to B</math>“ ist eine Aussage (bzw. Eigenschaft) und bedeutet definitionsgemäß und ist so zu lesen: „<math>f</math> ist eine Funktion von <math>A</math> in <math>B</math>“. Damit ist es sprachlich nicht korrekt, <math>f\,:A\to B</math> eine „Funktion“ zu nennen, sondern korrekt wäre z. B. entweder „die Funktion <math>f</math> von <math>A</math> in <math>B</math>“ oder „die Funktion <math>f</math> mit der Eigenschaft <math>f\,:A\to B</math>“.
* Es ist zu beachten, dass bei Funktionen der mit dem Symbol <math>f(x)</math> bezeichnete „Funktions'''wert'''“ (ganz im Sinne der kulturhistorischen Tradition) nicht notwendig ein [[Term]] sein muss, so dass man hier besser nicht immer von einem „Funktionsterm“ sprechen sollte. Ganz anders ist die Situation bin [[Funktionenplotter|Funktionenplottern]], die ''nur die Darstellung termdefinierter Funktionen'' ermöglichen können.
* Offensichtlich kann man nicht termdefinierbare Funktionen mit endlichem Definitionsbereich durch eine Tabelle darstellen. Aber das ist auch bei nicht endlichem Definitionsbereich möglich, wie etwa folgendes Beispiel zeigt: Es sei <math>f(n)</math> für alle natürlichen Zahlen <math>n</math> die <math>n</math>-te Dezimalstelle von <math>\pi</math>, also <math>f(0)=3</math>, <math>f(1)=1</math>, <math>f(2)=4</math> ..., dann lässt sich dies mit einer (gedachten!) unendlichen Tabelle erfassen.
* Nur dann, wenn <math>y=f(x)</math> gilt und <math>f(x)</math> für alle betrachteten <math>x</math> ein [[Term]] ist, kann man also „<math>y=f(x)</math>“ eine '''Funktionsgleichung''' nennen.
 
===Funktionsgraph===
* Die übliche o. g. Definition des Funktionsgraphen gemäß <math>{{\operatorname{G}}_{f}}:=\{(x,f(x))|x\in A\}</math> resultiert aus dem Wunsch der Darstellung der Wertepaare <math>(x,f(x))</math> durch ''Punkte in einem Koordinatensystem'', wobei diese Wertepaare <math>(x,f(x))</math> nicht notwendig numerischer Art sein müssen. Wenn nun aber eine Funktion formal streng als spezielle Relation definiert wird und eine Relation ja gerade eine Menge geordneter Paare ist, so erhalten wir <math>f=\{(x,f(x))|x\in A\}={{\operatorname{G}}_{f}}</math>.
* Konsequenz: Es gibt keinen Unterschied zwischen „Funktion“ und „Funktionsgraph“, wenn man beide so wie oben mengentheoretisch definiert. Das hat zur weiteren Konsequenz, dass der „Funktionsgraph“ bereits eine Funktion '''ist''' und man in der Tat beispielsweise eine ''„Parabel als quadratische Funktion“'' bezeichnen kann. <ref>Vgl. den ersten Abschnitt.</ref> Auch der von einem [[Funktionenplotter]] erzeugte Funktionsplot ist damit eine Funktion.<br />
Das führt zu einer durchaus erfreulichen Weite des mit „Funktion“ bezeichneten Begriffs leitet ueber zu den vielen „[[Funktion: viele Gesichter|Gesichtern von Funktionen]]“. <ref>Vgl. [Herget et. al. 2020].</ref> Zugleich ist anzumerken, dass die mengentheoretische Auffassung von „Funktion als rechtseindeutiger Relation“ beweistechnisch gute Möglichkeiten eröffnet.
 
== Literatur ==
* Deiser, Oliver [2010]: ''Einführung in die Mengenlehre''. Berlin / Heidelberg: Springer (3., korrigierte Auflage; 1. Auflage 2000; 2., korrigierte und erheblich erweiterte Auflage 2004).
* Felgner, Ulrich [2002]: ''Der Begriff der Funktion.'' In: Felix Hausdorff – Gesammelte Werke Band II, Grundzüge der Mengenlehre. New York / Berlin / Heidelberg: Springer, S. 621–633.
* Herget, Wilfried & Malitte, Eva  & Richter, Karin [2000]: ''Funktionen haben viele Gesichter – auch im Unterricht!'' In: Flade, Lothar & Herget, Wilfried (Hrsg.): Mathematik lehren und lernen nach TIMSS – Anregungen für die Sekundarschulen. Berlin: Verlag Volk und Wissen, 2000, 115–124.
* Hischer, Horst [2012]: ''Grundlegende Begriffe der Mathematik: Entstehung und Entwicklung. Struktur – Funktion – Zahl''. Wiesbaden: Springer Spektrum.
 
==Anmerkungen==
<references />
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