Grundvorstellungen in der ebenen und räumlichen Koordinatengeometrie – Gegenüberstellung von traditionellem und computerunterstütztem Mathematikunterricht
Iris Ostermann (2006): Grundvorstellungen in der ebenen und räumlichen Koordinatengeometrie – Gegenüberstellung von traditionellem und computerunterstütztem Mathematikunterricht. Dissertation, Universität Wien.
Betreut durch Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Stefan Götz .
Begutachtet durch Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Karl Josef Fuchs (Universität Salzburg) und Univ.-Prof. Mag. Dr. Hans Humenberger.
Tag der mündlichen Prüfung: 20.04.2006.
Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit werden Grundvorstellungen zur ebenen und räumlichen Koordinatengeometrie formuliert, ein entsprechender Fragebogen entwickelt, Schüler und Schülerinnen der zehnten Schulstufe abgefragt und diese Ergebnisse ausgewertet. Da der Einsatz des Computers im Mathematikunterricht diesen in den letzten Jahren stark verändert hat, war das Ziel dieser Dissertation festzustellen, inwiefern es Unterschiede gibt zwischen den Grundvorstellungen der Schüler/innen eines traditionellen Unterrichts und jenen der Schüler/innen eines computerunterstützten Unterrichts.
Im ersten Kapitel werden grundlegende Begriffe aus der Mathematikdidaktik wie Grundwissen, Grundbildung, Grundvorstellungen und Grundtätigkeiten erklärt und deren unterschiedliche Bedeutungen herausgearbeitet. Ausgehend von Pestalozzi, der bereits Erklärungs- und Veranschaulichungsmodelle für mathematische Stoffgebiete in der Rechenmethodik der Volksschulen erstellt hat, gibt die Arbeit einen Überblick über die wichtigsten Vertreter der Didaktik und ihre Vorstellungsmodelle. Des Weiteren werden die aktuellen österreichischen Lehrpläne untersucht und erklärt, inwieweit diese auf die oben genannten Begriffe eingehen.
Das zweite Kapitel widmet sich der Didaktik des computerunterstützten Unterrichts im Allgemeinen. Es wird ein Überblick über die unterschiedlichen Formen und Funktionen von Computeralgebrasystemen (CAS) geboten und die Idee des computerunterstützten Mathematikunterrichts aus vier verschiedenen Aspekten erläutert: als Tutor, Rechenwerkzeug, Demonstrationsmedium und Experimentier- und Simulations-werkzeug.
In den folgenden Kapiteln wird die Studie „Grundvorstellungen in der ebenen und räumlichen Koordinatengeometrie – Gegenüberstellung von traditionellem und computerunterstütztem Mathematikunterricht“ vorgestellt. Folgende (Forschungs-) Fragen werden gestellt: Welche Grundvorstellungen wurden vorausgesetzt? Welche Fragebögen wurden verwendet? Wie setzte sich die Stichprobe zusammen? Wie wurde die Studie durchgeführt? Welche Ergebnisse hat die Studie gebracht?
Die Idee für die Planung und Durchführung dieser Studie basiert auf Überlegungen, die von der Verfasserin im Zuge ihrer Tätigkeit als Nachhilfelehrerin mehrfach angestellt wurden. Die Probleme der Nachhilfeschüler und -schülerinnen im grundlegenden mathematischen Verständnis erschienen in vielen Teilbereichen unabhängig von der Verwendung ihrer Taschenrechner. Sämtliche Schüler und Schülerinnen scheiterten häufig beim Lösungsansatz und bei grundlegenden Begriffen, die zum Lösen dieser Aufgaben notwendig waren. Sie hatten anscheinend keine oder falsche Vorstellungen zu (manchen) mathematischen Sachverhalten entwickelt.
Als Folge davon entstand die Idee, eine Studie durchzuführen, bei der die Grundvorstellungen der Schüler und Schülerinnen überprüft werden sollten, um fest-zustellen, ob die Hypothese, dass es tatsächlich keine Unterschiede zwischen traditionellem und computerunterstütztem Mathematikunterricht (in diesem Themenkreis) gibt, bestätigt werden kann oder widerlegt werden muss. Entsprechende Fragebögen wurden entwickelt, die mittels geeigneter Aufgaben die Grundvorstellungen der Schüler und Schülerinnen zur Vektorrechnung testen sollten.
Es handelt sich dabei um einen qualitativen Test, bei dem 23 Aufgaben innerhalb einer regulären Schulstunde (50 Minuten) zu bewältigen sind. Zum Teil sind zwar auch Multiple-Choice-Fragen zu beantworten, dennoch liegt das Hauptaugenmerk auf der Art und Weise der Rechengänge, der Argumentationen und der Ausdrucksweise der Schüler und Schülerinnen. Die Fragen sind auf das Niveau der zehnten Schulstufe ausgelegt – das heißt, nachdem das Kapitel Vektorrechnung in der zehnten Schulstufe durchgenommen wurde, sollten die Schüler und Schülerinnen ohne Probleme diese Aufgaben bewältigen können. Getestet wurden allerdings Schüler und Schülerinnen in der elften Schulstufe, da diese die gewünschten Kapitel bereits gelernt haben mussten. Außerdem werden jene Grundvorstellungen der Schüler und Schülerinnen in diesem Kapitel getestet, die sie im Grunde genommen auch noch nach der Matura haben sollten.
Generell konnten in dieser Studie keine grundlegenden Unterschiede zwischen dem traditionellen und dem computerunterstützten Mathematikunterricht sowie auch keine Tendenzen in eine bestimmte Richtung festgestellt werden. Befürworter/innen des computerunterstützten Mathematikunterrichts mögen dagegenhalten, dass nicht die für die Vektorrechnung geeigneten Computerprogramme getestet wurden – die einzigen allerdings, die im Rahmen dieser Dissertation ausfindig gemacht werden konnten, welche tatsächlich im Mathematikunterricht eingesetzt werden. Offen bleibt in der vorliegenden Arbeit die Frage, ob andere – geometrietauglichere – Programme tatsächlich zu einer Verbesserung der Kenntnisse in der Vektorrechnung führen. Die hier getesteten Programme und Taschenrechner tun es jedenfalls in dieser Untersuchung nicht.
Die in dieser Dissertation durchgeführte Studie soll Interessierten einen Anreiz bieten, sich mit diesem Themengebiet zu beschäftigen und weitere Untersuchungen in Angriff zu nehmen. Es wäre nach dem eben Gesagten nicht uninteressant, für die Vektorrechnung geeignetere Programme im Mathematikunterricht (verstärkt) zum Einsatz zu bringen und eine ähnliche Studie über die Ergebnisse dieses Unterrichts durchzuführen.