Verfasst von Horst Hischer

Übersicht [1].

Der mit „Funktion“ bezeichnete Begriff nimmt in der Mathematik die zentrale Stellung eines nicht mehr weg zu denkenden Grundbegriffs ein. Erstaunlicherweise trifft man derzeit auf unterschiedliche und kaum vereinbare Sprech- bzw. Schreibweisen wie z. B.:

„die Funktion  , „die Funktion  , „die Funktion  , „die Funktion  , „die Funktion  ,
weiterhin z. B.: „der Weg ist eine Funktion der Zeit“es wird eine Parabel als „quadratische Funktion“ bezeichnetes wird eine Wertetabelle als „Funktion“ bezeichnet – ...

Strengen formalen Ansprüchen hält nur die Formulierung „die Funktion   stand, mit Abstrichen auch noch „die Funktion  . Somit scheint es kein einheitliches Begriffsverständnis dessen zu geben, was eine „Funktion“ ist. Dieser Verdacht wird genährt, wenn man berücksichtigt, dass z. B. (auch in der Mathematik) in zunehmendem Maße (wieder!) von „Funktionen mit mehreren Veränderlichen“ gesprochen wird (etwa bei Titeln von Lehrbüchern oder von Vorlesungen) – und dabei hat eine Funktion in strenger Begriffsauffassung (als rechtseindeutige Relation) gar keine Veränderlichen (korrekt wäre hier: „einstellige“ bzw. „mehrstellige“ Funktionen). Diese Sprechweise weist aber darauf hin, dass solche Autoren neuerdings Funktionen wieder als Terme auffassen, also der Sprechweise „die Funktion  “ zuneigen – wie es bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts üblich war. Spürt man dem in Gesprächen mit Mathematikern nach, so wird diese Vermutung insofern bestätigt, als dass das, was für sie eine Funktion ist, von dem Kontext abhängt, in dem sie forschend tätig sind:
Beispielsweise sind für viele Numeriker (kontextbezogen nachvollziehbar) „Funktion“ und „Tabelle“ Synonyme, oder sie identifizieren (ebenfalls kontextbezogen nachvollziehbar) „Funktion“ mit „Term“. Und man findet (z. B. in der Analysis) die Auffassung, Funktionen seien spezielle Abbildungen, und zwar von   in  . „Abbildung“ ist dann lediglich eine „eindeutige Zuordnung“ im Sinne eines undefinierten und unmittelbar einleuchtenden Grundbegriffs, womit dann „Funktion“ und „Abbildung“ – im Gegensatz zur mengentheoretisch begründeten Auffassung – z. T. nicht identifiziert werden. Für Zahlentheoretiker sind Funktionen oft nur Abbildungen von   in   oder in  , weil sie im Wesentlichen nur solche Funktionen untersuchen. Und die Bezeichnung „Funktionentheorie“ ist mitnichten eine „Theorie der Funktionen“ im Sinne der Auffassung von „Funktion als rechtseindeutiger Relation“. Vielmehr verweist diese Bezeichnung auf ein historisches (und überkommenes?) Verständnis von „Funktion“.
Physiker nennen z. B. die Gleichung   eine „Weg-Zeit-Funktion“, obwohl hier die Variable   in zwei formal unterschiedlichen und unvereinbaren Rollen auftritt. Andererseits kommt in dieser Formulierung eine sehr schöne und inhaltlich sehr reichhaltige Auffassung zum Ausdruck, die in einer formal einwandfreien (und dann auch aufgeblähten!) Darstellung verloren gehen würde. Physiker werden es sich auch nicht nehmen lassen,   als „Wellenfunktion“ zu bezeichnen, und sie werden beispielsweise die für sie schöne Formulierung   verwenden, um damit auszudrücken, dass die „Spannung eine Funktion der Zeit“ sei. Zusammengefasst: Im physikalischen Kontext ist eine solche Sichtweise von „Funktion“ nicht nur nachvollziehbar, sondern gewiss auch sinnvoll und situationsadäquat, im rein mathematischen Kontext ist sie aber kaum tragbar – und beide Standpunkte haben ihre Berechtigung. Ein Paradoxon?
So scheint es in der Mathematik, diesem Prototyp der exakten Wissenschaften, keine einheitliche Auffassung dessen zu geben, was eine Funktion ist. Das lässt sich sowohl durch individuelle Umfragen als auch durch einen Blick in die aktuelle Lehrbuchliteratur belegen. Und dennoch bezeichnet „Funktion“ einen wesentlichen Grundbegriff der Mathematik, der in nahezu allen Teilgebieten und auch in den Anwendungen der Mathematik vorkommt, und zwar gerade wegen dieser Uneinheitlichkeit! Genauer:
Der mit „Funktion“ bezeichnete Begriff weist u. a. wegen der hier skizzierten Vagheit eine große Reichhaltigkeit auf, wie es für fundamentale Ideen der Mathematik typisch ist. Zugleich weisen die oben angedeuteten Formulierungen, die einen unterschiedlichen Gebrauch des Wortes „Funktion“ aufzeigen, auf einen gemeinsamen Kern von Eigenschaften hin, die den mit „Funktion“ bezeichneten mathematischen Begriff ausmachen, was wie folgt beschreibbar ist:

  • Funktionen haben viele Gesichter, in denen sie uns begegnen.> [2]

Zur kulturhistorischen Begriffsgenese [3]

Problematisierung

Wo liegen die kulturhistorischen Wurzeln des mathematischen Funktionsbegriffs, und wie hat dieser sich Laufe der Geschichte der Mathematik entwickelt? Dieser Aspekt ist auch für die ontogenetische Entwicklung eines Begriffs im Individuum [4] bedeutsam. Dabei geht es nicht darum, wann und unter welchen Bedingungen das Wort „Funktion” in der Mathematik auftauchte (was schnell auf Leibniz und Jakob I Bernoulli führen würde, jedoch nicht weiterhilft). Vielmehr geht es um die mit dem Funktionsbegriff intendierten Inhalte, denn es ist zwischen dem Begriffsnamen und dem Begriffsinhalt zu unterscheiden! [5] Solche Inhalte ergeben sich anhand der oben angedeuteten

  • Erscheinungsformen von Funktionen in Gestalt „vieler Gesichter“, z. B.:
• eindeutige Zuordnung
• Abhängigkeit einer Größe (als einer „abhängigen Variablen“) von einer anderen (als einer „unabhängigen Variablen“), speziell auch zeitabhängige Größen
• (Werte-)Tabelle, insbesondere auch empirische Wertetabelle
• Kurve, Graph, Datendiagramm, Funktionsplot
• Formel
• ...?

Legt man diese (offen gehalteneI Liste zugrunde, so begegnet uns der Funktionsbegriff bereits in einigen numerischen Tabellen bei den Babyloniern im 19. Jh. v. Chr., und es ergibt sich folgende grobe Zeittafel:

Zeittafel

  • Stationen der kulturhistorischen Entwicklung des Funktionsbegriffs [6]
19. Jh. v. Chr. Babylonier: Tabellierung von Funktionen
ab 5. Jh. v. Chr. griechische Antike: kinematisch erzeugte Kurven
ca. 950 v. Chr. Klosterschule: erste dokumentierte zeitachsenorientierte Funktion
Anfang des 11. Jhs. Guido von Arezzo: Erfindung der Notenschrift – eine weitere zeitachsenorientierte Funktion
14. Jh. Mittelalter, insbesondere Nicole d'Oresme: graphische Darstellung zeitabhängiger Größen
17. Jh. Isaac Newton: Fluxionen, Fluenten

Gottfried Wilhelm Leibniz, Jakob I Bernoulli: erstmalig das Wort „Funktion“
Johann I Bernoulli: „Ordinaten“

18. Jh. Johann I Bernoulli, Leonhard Euler: Funktion „als analytischer Ausdruck“, d. h.: als „Term“

Leonhard Euler: Funktion als „freihändig gezeichnete Kurve“
Johann Heinrich Lambert und andere: graphische Darstellung empirischer gewonnener Daten durch Funktionsgraph („Kurve“)
William Playfaire: „Lineare Arithmetik“ zur Darstellung empirischer Daten durch Balkendiagramme und Kreisdiagramme

19. Jh. Joseph Fourier, Peter Gustav Lejeune Dirichlet [7], Richard Dedekind:
Funktion (Abbildung) als eindeutige Zuordnung (wesentlich: sie ist nicht mehr notwendig termdefiniert!)

Paul Du Bois-Reymond: Funktion als Tabelle
Guiseppe Peano, Charles Sanders Peirce, Ernst Schröder: Relation als Menge geordneter Paare

Anfang des 20. Jhs. Felix Hausdorff (1914): Funktion als spezielle Relation
seit Ende des 20. Jhs. • ... die große Vielfalt ???

• ... viele „Gesichter“ von Funktionen ???

Erörterung

Während im 18. Jh. für Euler Funktionen noch entweder „analytische Ausdrücke“ (also „Terme“ im heutigen Verständnis) oder „freihändig gezeichnete Kurven“ waren, begegnen uns darüber hinaus Funktionen im selben Jahrhundert (aus unserer heutigen Sicht) auch als graphisch oder tabellarisch dargestellte empirische Zusammenhänge, was im 19. Jh. über empirische Untersuchungen zunächst von Fourier und dann von seinem Schüler Dirichlet zu einem „termfreien“ Funktionsbegriff führte, bei dem die Funktionswerte keinem Bildungsgesetz mehr folgen (müssen). Der Grundlagenforscher und Mathematikhistoriker Ulrich Felgner schreibt hierzu: [8]

Funktionen sind [...] bei Fourier und Dirichlet dem Begriffe nach eindeutige Zuordnungen. Im Begriff der Funktion ist die Definierbarkeit durch einen analytischen Ausdruck nicht eingeschlossen. Dieser Funktionsbegriff wird oft nur mit dem Namen Dirichlets in Verbindung gebracht, obwohl doch Fourier der eigentliche Urheber ist.
[...] Funktionen im Sinne von Fourier und Dirichlet müssen weder differenzierbar noch stetig sein.

Mit dem „analytischen Ausdruck“ ist hierein arithmetischer Term gemeint. Es ist zu beachten, dass damit bei Fourier und Dirichlet Funktionen ertsmalig nicht mehr (wie zuvor noch bei Euler) einem „Bildungsgesetz“ gehorchen müssen, weil sie nicht mehr termdefinierbar sein müssen (was für empirische Funktionen der „Normalfall“ ist).

Auch Richard Dedekind fasst Funktionen als eindeutige Zuordnungen auf, verwendet aber die Bezeichnung „Abbildung“, wobei er noch von einem „Gesetz“ spricht. [9]
Paul Du Bois-Reymond erfasst den Aspekt der eindeutigen Zuordnung durch die Auffassung von „Funktion als Tabelle“ (wie bei den Babyloniern), was Felgner wie folgt kommentiert: [10]

Auch diese Beschreibung des Funktionsbegriffes ist recht allgemein. Eine Gesetzmäßigkeit muss einer Tabelle nicht unbedingt zugrunde liegen. In die Spalte der Funktionswerte kann man ja nach Belieben Werte hineinschreiben.

Daran anschließend versuchen Peirce, Schröder und Peano erstmalig, Funktionen als Relationen und Relationen als Mengen geordneter Paare zu beschreiben, wobei sie „geordnetes Paar“ noch undefiniert verwenden.
Felix Hausdorff definiert 1914 erstmalig „geordnetes Paar“ auf mengentheoretischer Grundlage (wenn auch noch nicht so elegant wie 1921 Kazimierz Kuratowski) und darauf aufbauend „Funktion“ als das, was wir heute „binäre, rechtseindeutige Relation“ nennen: Damit wurde erstmalig der moderne Funktionsbegriff formal sauber definiert, basierend auf den Vorarbeiten vor allem der Mathematiker des 19. Jahrhunderts, wobei die vorherige Betrachtung und Einbeziehung empirischer Funktionen die Abkehr von der Forderung nach einem „Bildungsgesetz“ erzwungen hatte.

Mengentheoretische Betrachtungen [11]

Grundlegende Definitionen

Unter Bezug auf den mit „binäre Relation“ bezeichneten Begriff lässt sich „Funktion“ knapp und elegant definieren, wobei hier statt „binäre Relation“ kurz „Relation“ gesagt wird: [12]

Definition Anmerkungen
Funktion“ ist eine Kurzbezeichnung für „rechtseindeutige Relation“.

• „Abbildung“ ist meist ein Synonym für „Funktion“.
• „Operatoren“ sind ebenfalls Funktionen, wenn auch in speziellen Themenbereichen.

Die Schreib- bzw. Sprechweisen „  ist eine Funktion“ und „  ist eine rechtseindeutige Relation“ sind also gemäß dieser Definition gleichbedeutend. Ihr liegt Folgendes zugrunde:

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Pfeildiagramme von zwei Relationen:
links: die Relation ist nicht rechtseindeutig;
rechts: die Relation ist rechtseindeutig, sie zeigt eine
Funktion“ als rechtseindeutige Relation.
Nur die Relation rechts ist auch linkseindeutig.
vorausgehende Definitionen Erläuterungen
Voraussetzung: Es sei   eine (binäre) Relation,  . Dann gilt:   ist also eine Menge von geordneten Paaren, z. B.  
mit der nicht leeren „Ausgangsmenge“   und der nicht leeren „Zielmenge“  .

(Man kann ggf. auch „leere Relationen“ und damit auch „leere Funktionen“ betrachten.)

(1)   ist genau dann rechtseindeutig, wenn für alle   gilt:
aus   folgt stets  .
Jedem Element aus der Ausgangsmenge   wird höchstens ein Element aus der Zielmenge   zugeordnet.

Oder: Die Zuordnung verläuft von links nach rechts eindeutig.

(2)   ist genau dann linkseindeutig, wenn für alle   gilt:
aus   folgt stets  .
Jedes Element aus der Zielmenge   ist höchstens einem Element aus der Ausgangsmenge   zugeordnet.

Oder: Die inverse Zuordnung verläuft von rechts nach links eindeutig.

(3)   ist genau dann injektiv, wenn   sowohl rechtseindeutig als auch linkseindeutig ist. Die Zuordnung verläuft in beiden Richtungen eindeutig.

Gleichbedeutend mit „injektiv“ ist „eineindeutig“.

Weitergehende Definitionen und Bezeichnungen

übliche Bezeichnungen bzw. symbolische Darstellungen Erläuterungen
  sei eine (nicht leere) Funktion und   mit nicht leeren Mengen   und  . (generelle Voraussetzung für das Folgende)
Es sei   und  . Falls von   ein (und damit genau ein) Zuordnungspfeil nach   verläuft, dann wird notiert::   gelesen: „dem   wird das   zugeordnet“

oder: „das   wird dem   zugeordnet“
oder: „aus   wird  “,
aber nicht : „  wird zugeordnet  “ (weil dann nicht klar ist, wer wem zugeordnet wird).

Es sei   und  . Falls   bezüglich der Funktion   gilt, dann ist::     heißt dann Funktionswert von „  bezüglich  , gelesen: „f von x“.

  muss nicht als Term darstellbar sein. [13]

  es gibt ein   mit   Definitionsmenge von  , auch „Definitionsbereich“, es ist  .
  es gibt ein   mit   Wertemenge von  , auch „Wertebereich“, es ist  .
Falls  , dann wird notiert::   gelesen: „  ist eine Funktion von   in  “.

Die Zuordnungspfeile   und   sind streng zu unterscheiden, denn z. B. gilt:
  bedeutet: Dem Element   wird das Element   oder   zugeordndet.
  bedeutet: Der Menge   wird die Menge   zugeordnet.

Falls   und  , dann heißt   surjektiv. Man sagt dann: „  ist eine Funktion von   auf  
Falls   surjektiv und injektiv ist, dann heißt   bijektiv.   ist dann eine Bijektion.
Eine beliebige Bijektion einer Menge   auf sich selber ist eine Transformation von  . Automorphismen (z. B. in Algebra und Geometrie) sind stets strukturerhaltende Transformattonen.
Eine beliebige Transformation einer endlichen Menge   ist eine Permutation . Umordnungen der Elemente einer endlichen Menge sind stets Permutationen.
    heißt Graph von   (oder einfach Funktionsgraph). Es gilt  

Didaktische Vertiefung

Funktionsdefinition

  • Ein wesentlicher Aspekt beim Funktionsbegriff ist die eindeutige Zuordnung, die mit „rechtseindeutig“ erfasst werden kann, ohne schon   es gibt ein   mit   mit voraussetzen zu müssen.
  • Wenn die Ausgangsmenge mit dem Definitionsbereich übereinstimmt, also   es gibt ein   mit  , wird jedem Elemente der Ausgangsmenge genau ein Element der Zielmenge zugeordnet, so dass also   gilt. Es bietet sich an, mit dieser engeren Sichtweise zu beginnen (und ggf. dabei zu bleiben).
  • Der Aspekt der eindeutigen Zuordnung liegt in zweispaltigen Tabellen automatisch vor, wenn sich in der „Eingangspalte“ (links) kein Element wiederholt. Damit kann eine „Funktion“ alternativ von Anbeginn an auch mit einer solchen Tabelle identifiziert werden, dieses in Übereinstimmung mit der Auffassung der Numeriker und ganz in der kulturhistorischen Tradition der Mathematik von den Babyloniern bis Du Bois-Reymond (s. o).
  • Die symbolische Darstellung „ “ ist eine Aussage (bzw. Eigenschaft) und bedeutet definitionsgemäß und ist so zu lesen: „  ist eine Funktion von   in  “. Damit ist es sprachlich nicht korrekt, „die Funktion  “ zu schreiben, sondern korrekt wäre z. B. entweder „die Funktion von   in  “ oder „die Funktion   mit der Eigenschaft  “.
  • Es ist zu beachten, dass bei Funktionen das Symbol   (ganz im Sinne der kulturhistorischen Tradition) nicht notwendig ein Term sein muss, so dann man hier also auch nicht von einem „Funktionsterm“ sprechen sollte. Ganz anders ist die Situation bin Funktionenplottern, die nur die Darstellung termdefinierter Funktionen ermöglichen können.
  • Offensichtlich kann man nicht termdefinierbare Funktionen mit endlichem Definitionsbereich durch eine Tabelle darstellen. Aber das ist auch bei nicht endlichem Definitionsbereich möglich, wie etwa folgendes Beispiel zeigt: Es sei   für alle natürlichen Zahlen   die  -te Dezimalstelle von  , also  ,  ,   ..., dann lässt sich dies mit einer unendlichen Tabelle erfassen.
  • Wenn nun   gilt und   für alle betrachteten   ein Term ist, so nennt man „ “ eine Funktionsgleichung (und also nur dann!).

Funktionsgraph

  • Die übliche o. g. Definition des Funktionsgraphen gemäß   resultiert aus dem Wunsch der Darstellung der Wertepaare   durch Punkte in einem Koordinatensystem, wobei diese Wertepaare   nicht notwendig numerischer Art sein müssen. Wenn nun aber eine Funktion formal streng als spezielle Relation definiert wird und eine Relation ja gerade eine Menge geordneter Paare ist, so erhalten wir:  .
  • Konsequenz: Es gibt keinen Unterschied zwischen „Funktion“ und „Funktionsgraph“, wenn man beide so wie oben mengentheoretisch definiert. Das hat zur weiteren Konsequenz, dass der „Funktionsgraph“ bereits eine Funktion ist und man in der Tat beispielsweise eine „Parabel als quadratische Funktion“ bezeichnen kann. [14] Auch der von einem Funktionenplotter erzeugte Funktionsplot ist damit eine Funktion.

Das führt zu einer durchaus erfreulichen Weite des mit „Funktion“ bezeichneten Begriffs leitet ueber zu den vielen „Gesichtern von Funktionen“. Zugleich ist anzumerken, dass die mengentheoretische Auffassung von „Funktion als rechtseindeutiger Relation“ beweistechnisch erhebliche Möglichkeiten eröffnet.

Funktionen haben viele Gesichter

Grundsätzliches

Die grundlegende mengentheoretische Definition von „Funktion als rechtseindeutiger Relation“ enthält bereits das Wesentliche und wird durch die Erweiterung über die Einbeziehung der Definitionsmenge und der Zielmenge gemäß   und schließlich auch der Wertemenge umfassend verwendbar, so dass uns unter dieser Sichtweise Funktionen mit unterschiedlichen „Gesichtern“ begegnen können. Das sei nachfolgend durch einige Beispiele verdeutlicht.

Beispiele

Funktionsterm als Funktion

Ein beliebiger gemäß Definition eines arithmetischen Terms gebildeter Funktionsterm   ordnet jeder reellen oder komplexen Zahl   genau einen Wert zu, nämlich  . Die Menge aller solcher geordneten Paare   ist damit rechtseindeutig, und daher ist bereits durch den Funktionsterm   eine Funktion gegeben, was dazu führt, diesen mit der Funktion   zwar nicht formal, aber inhaltlich im Wesentlichen identifizieren zu können. Obwohl also „eigentlich“ erst   die Funktion ist, steht bereits der Funktionsterm   gleichermaßen für diese Funktion.

Funktionsgraph als Funktion

Ist  , so ist der zugehörige Funktionsgraph durch   gegeben, und es wurde bereits festgestellt, dass   gilt, also kurz  . Interpretiert man das in einem (nicht notwendig numerischen) kartesischen Koordinatensystem als Darstellung von mit   bezeichneten „Punkten“, so wird auf diese Weise jedem   genau ein  zugeordnet, womit also der Funktionsgraph auch in dieser Sichtweise bereits eine Funktion ist.

Funktionsplot als Funktion

Siehe hierzu die Erläuterungen unter Funktionenplotter.

Digitalisierung und Diskretisierung als Funktionen

(folgt)

Hörbare Funktionen

(folgt)

Sichtbare Funktionen

(folgt)


Literatur

  • Deiser, Oliver [2010]: Einführung in die Mengenlehre. Berlin / Heidelberg: Springer (3., korrigierte Auflage; 1. Auflage 2000; 2., korrigierte und erheblich erweiterte Auflage 2004).
  • Felgner, Ulrich [2002]: Der Begriff der Funktion. In: Felix Hausdorff – Gesammelte Werke Band II, Grundzüge der Mengenlehre. New York / Berlin / Heidelberg: Springer, S. 621–633.
  • Herget, Wilfried & Malitte, Eva & Richter, Karin [2000]: Funktionen haben viele Gesichter – auch im Unterricht! In: Flade, Lothar & Herget, Wilfried (Hrsg.): Mathematik lehren und lernen nach TIMSS – Anregungen für die Sekundarschulen. Berlin: Verlag Volk und Wissen, 2000, 115–124.
  • Hischer, Horst [2012]: Grundlegende Begriffe der Mathematik: Entstehung und Entwicklung. Struktur – Funktion – Zahl. Wiesbaden: Springer Spektrum.

Anmerkungen

  1. In Anlehnung an die ausführliche Darstellung in [Hischer 2012, 127 ff.]
  2. In [Hischer 2012, 129] mit Bezug auf den Artikel [Herget et al. 2000] formuliert.
  3. Vgl. hierzu die ausführliche Darstellung in [Hischer 2012, 130 ff.].
  4. Vgl. [Hischer 2012, Kapitel 1].
  5. Vgl. [Hischer 2012, 39 f.]
  6. Vgl. die Zeittafel in [Hischer 2012, 131] und dort die ausführliche Darstellung im Anschluss daran.
  7. Aussprache: „Dirischle“ mit offenem „e“ wie in „Bett“, also: diʀiˈʃleː (nicht aber wie meist üblich „Dirikle“); Quelle: Meyers Konversationslexikon, 5. Band, Leipzig/Wien: Bibliographisches Institut, 1895, S. 27; siehe dazu auch die begründenden Erläuterungen in [Hischer 2012, 149 ff.].
  8. Felgner 2002, 624]
  9. Vgl. [Hischer 2012, 153]
  10. [Felgner 2002, 626]; zitiert bei [Hischer 2012, 152] in Verbindung mit dem Originaltext von Du Bois-Reymond.
  11. Vgl. hierzu die ausführlichen Betrachtungen in [Hischer 2012, Kapitel 5].
  12. Auch [Deiser 2010] definiert „Funktion“ als rechtseindeutige Relation.
  13. Vgl. die Anmerkungen zur kulturhistorischen Genese des Funktionsbegriffs bezüglich Fourier und Dirichlet.
  14. Vgl. den ersten Abschnitt.


Wenn dieser Artikel aus dem Baustellen-Namensraum in den normalen Namensraum verschoben wird, dann erhält er einen Zitierhinweis ähnlich zu diesem:
Madipedia (2013): Baustelle:Funktion. Version vom 17.08.2013. In: dev_madipedia. URL: http://dev.madipedia.de/index.php?title=Baustelle:Funktion&oldid=12140.