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Geschlechtersensibler Mathematikunterricht zum Umgang mit Heterogenität in der Sekundarstufe I (Promotionsprojekt): Unterschied zwischen den Versionen
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===Theoretischer Hintergrund=== | |||
Mädchen erbringen ab der Sekundarstufe weniger gute Mathematikleistungen als Jungen. (Prenzel et al. 2006, Baumert et al. 2000) Ende Klasse 8 zeigt sich bei Mäd-chen ein deutlich schlechteres Leistungsselbstbild. (Baumert et al. 2000) | |||
In ihrer Expertise „Gender als Faktor in der Entwicklung von mathematischer Kompetenz“ stellt Gabriele Kaiser 2010 fest, dass eine „zumindest phasenweise Reali-sierung von geschlechterhomogenen Lerngruppen im Mathematikunterricht“ und die „explizite Berücksichtigung von spezifischen Interessen beider Geschlechter im Mathe-matikunterricht“ angeraten ist. Sie verweist auf korrespondierende Ergebnisse der OECD-Studien und der Studie von Jürgen Budde (2008), der die Bedürfnisse der Jungen in den Fokus nimmt. Die Ergebnisse von Sylvia Jahnke Klein (2001) stellen Förderbedarf in der Sozialkompetenz von Jungen und in der Stärkung des Selbst-konzepts von Mädchen heraus. | |||
Auch in der pädagogisch-psychologischen Fachliteratur finden sich Hinweise, dass Mädchen und Jungen unterschiedlich Mathematik lernen. | |||
Mädchen sind im Problemlösen besser, wenn verbales Denken erforderlich ist; Jungen, wenn numerisches oder begriffliches Denken nötig ist. Mädchen entwickeln kreatives Denken besser bezogen auf verbales Material, Jungen besser bezogen auf faktisch oder fiktives anschauliches Material. (Kasten 2010) Voraussetzung für eine gute Leis-tungsfähigkeit ist ein positives Fähigkeitsselbstkonzept. (Helmke, Weinert 1997; Artelt et al. 2001, Schilling, Sparfeldt, Rost 2006) | |||
Dass die Mathematik eine männliche Domäne ist (vgl. Tobies und Budde 2008), spiegelt sich auch im Verhalten und den Einstellungen der Lehrpersonen wieder. Diese unter-stellen und erwarten von Jungen mehr mathematische Kompetenz. Jungen wirken kompetenter, weil sie aktiver sind, tragen dabei aber nicht immer fachlich zum Unterricht bei. Schlechte Leistungen bei Jungen werden mit fehlendem Willen und bei Mädchen mit mangelnden Fähigkeiten erklärt. (Budde 2008) Generell erhalten Jungen mehr Aufmerksamkeit von den Lehrpersonen. (Jahnke-Klein 2001) Empfehlenswert wäre es daher, Lehrpersonen für Geschlechtsrollenstereotypen im Mathematiklernen zu sensibilisieren. (Kaiser 2010) | |||
===Fragestellung=== | |||
Unter Berücksichtigung der speziellen Gegebenheiten der am Forschungsprojekt teilnehmenden Schulen war das Design einer Studie mit folgenden Forschungsfragen möglich: | |||
*Verändert sich das Selbstkonzept der Schülerinnen und Schüler während des Schuljahres mit monoedukativem Mathematikunterricht? Falls ja, in welche Richtung? | |||
*Zeigen sich Ergebnisse anderer Studien auch im getrenntgeschlechtlichen Mathe-matikunterricht der vier koedukativen Sekundarschulen in Sachsen-Anhalt? | |||
*Welche Bedürfnisse haben die Schülerinnen und die Schüler, um erfolgreich Mathe-matik lernen zu können? Wie bewerten die Schülerinnen und Schüler das Lernen in geschlechtergetrennten Gruppen? | |||
*Welche Bedürfnisse haben die Lehrkräfte, um erfolgreich Mathematik lehren zu können? Wie bewerten die Lehrkräfte das Unterrichten in geschlechtergetrennten Gruppen? | |||
*Wie kann in koedukativem Mathematikunterricht mit phasenweise geschlechtergetrenntem Unterricht geschlechtersensibles Lehren umgesetzt werden? | |||
===Studiendesign=== | |||
Im Schuljahr 2013/14 organisierten vier Sekundarschulen in Sachsen-Anhalt ihren Mathematikunterricht in der siebten Jahrgangsstufe monoedukativ. Vier männliche und fünf weibliche Lehrkräfte unterrichteten 84 Mädchen und 94 Jungen in je vier Mädchen- und Jungenlerngruppen und einer gemischten Klasse. Die Lehrkräfte der monoedu-kativen Gruppen wechselten diese zum Halbjahr. | |||
Im Forschungsprojekt wird nach der Methode Mixed Methods gearbeitet. | |||
Eine standardisierte Skala zur Messung des mathematischen Selbstkonzepts wurde neben selbst entwickelten quantitativ-qualitativen Fragebögen bei den Lernenden eingesetzt. Außerdem wurden Unterrichtsstunden beobachtet, protokolliert und videografiert. Quantitative und qualitative Daten wurden bei den Lehrpersonen mithilfe von Fragebogen und Gruppeninterview erhoben. Eine Übersicht veranschaulicht den zeitlichen Ablauf und den Einsatz der Instrumente in der Untersuchungsperiode. | |||
=== Literatur === | === Literatur === |
Version vom 1. Mai 2015, 20:31 Uhr
Geschlechtersensibler Mathematikunterricht zum Umgang mit Heterogenität in der Sekundarstufe I
Promotionsprojekt von Silke Fleckenstein, Universität Potsdam. Betreut von Ulrich Kortenkamp und Bettina Rösken-Winter.
Zusammenfassung
Theoretischer Hintergrund
Mädchen erbringen ab der Sekundarstufe weniger gute Mathematikleistungen als Jungen. (Prenzel et al. 2006, Baumert et al. 2000) Ende Klasse 8 zeigt sich bei Mäd-chen ein deutlich schlechteres Leistungsselbstbild. (Baumert et al. 2000) In ihrer Expertise „Gender als Faktor in der Entwicklung von mathematischer Kompetenz“ stellt Gabriele Kaiser 2010 fest, dass eine „zumindest phasenweise Reali-sierung von geschlechterhomogenen Lerngruppen im Mathematikunterricht“ und die „explizite Berücksichtigung von spezifischen Interessen beider Geschlechter im Mathe-matikunterricht“ angeraten ist. Sie verweist auf korrespondierende Ergebnisse der OECD-Studien und der Studie von Jürgen Budde (2008), der die Bedürfnisse der Jungen in den Fokus nimmt. Die Ergebnisse von Sylvia Jahnke Klein (2001) stellen Förderbedarf in der Sozialkompetenz von Jungen und in der Stärkung des Selbst-konzepts von Mädchen heraus.
Auch in der pädagogisch-psychologischen Fachliteratur finden sich Hinweise, dass Mädchen und Jungen unterschiedlich Mathematik lernen. Mädchen sind im Problemlösen besser, wenn verbales Denken erforderlich ist; Jungen, wenn numerisches oder begriffliches Denken nötig ist. Mädchen entwickeln kreatives Denken besser bezogen auf verbales Material, Jungen besser bezogen auf faktisch oder fiktives anschauliches Material. (Kasten 2010) Voraussetzung für eine gute Leis-tungsfähigkeit ist ein positives Fähigkeitsselbstkonzept. (Helmke, Weinert 1997; Artelt et al. 2001, Schilling, Sparfeldt, Rost 2006)
Dass die Mathematik eine männliche Domäne ist (vgl. Tobies und Budde 2008), spiegelt sich auch im Verhalten und den Einstellungen der Lehrpersonen wieder. Diese unter-stellen und erwarten von Jungen mehr mathematische Kompetenz. Jungen wirken kompetenter, weil sie aktiver sind, tragen dabei aber nicht immer fachlich zum Unterricht bei. Schlechte Leistungen bei Jungen werden mit fehlendem Willen und bei Mädchen mit mangelnden Fähigkeiten erklärt. (Budde 2008) Generell erhalten Jungen mehr Aufmerksamkeit von den Lehrpersonen. (Jahnke-Klein 2001) Empfehlenswert wäre es daher, Lehrpersonen für Geschlechtsrollenstereotypen im Mathematiklernen zu sensibilisieren. (Kaiser 2010)
Fragestellung
Unter Berücksichtigung der speziellen Gegebenheiten der am Forschungsprojekt teilnehmenden Schulen war das Design einer Studie mit folgenden Forschungsfragen möglich:
- Verändert sich das Selbstkonzept der Schülerinnen und Schüler während des Schuljahres mit monoedukativem Mathematikunterricht? Falls ja, in welche Richtung?
- Zeigen sich Ergebnisse anderer Studien auch im getrenntgeschlechtlichen Mathe-matikunterricht der vier koedukativen Sekundarschulen in Sachsen-Anhalt?
- Welche Bedürfnisse haben die Schülerinnen und die Schüler, um erfolgreich Mathe-matik lernen zu können? Wie bewerten die Schülerinnen und Schüler das Lernen in geschlechtergetrennten Gruppen?
- Welche Bedürfnisse haben die Lehrkräfte, um erfolgreich Mathematik lehren zu können? Wie bewerten die Lehrkräfte das Unterrichten in geschlechtergetrennten Gruppen?
- Wie kann in koedukativem Mathematikunterricht mit phasenweise geschlechtergetrenntem Unterricht geschlechtersensibles Lehren umgesetzt werden?
Studiendesign
Im Schuljahr 2013/14 organisierten vier Sekundarschulen in Sachsen-Anhalt ihren Mathematikunterricht in der siebten Jahrgangsstufe monoedukativ. Vier männliche und fünf weibliche Lehrkräfte unterrichteten 84 Mädchen und 94 Jungen in je vier Mädchen- und Jungenlerngruppen und einer gemischten Klasse. Die Lehrkräfte der monoedu-kativen Gruppen wechselten diese zum Halbjahr.
Im Forschungsprojekt wird nach der Methode Mixed Methods gearbeitet. Eine standardisierte Skala zur Messung des mathematischen Selbstkonzepts wurde neben selbst entwickelten quantitativ-qualitativen Fragebögen bei den Lernenden eingesetzt. Außerdem wurden Unterrichtsstunden beobachtet, protokolliert und videografiert. Quantitative und qualitative Daten wurden bei den Lehrpersonen mithilfe von Fragebogen und Gruppeninterview erhoben. Eine Übersicht veranschaulicht den zeitlichen Ablauf und den Einsatz der Instrumente in der Untersuchungsperiode.