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Längsschnittliche Analysen zur Entwicklung des Bruchzahlbegriffs: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 23. April 2014, 17:47 Uhr
Sebastian Wartha (2007): Längsschnittliche Analysen zur Entwicklung des Bruchzahlbegriffs. Dissertation, Universität Regensburg.
Begutachtet durch Rudolf vom Hofe, Maria Fölling-Albers und Hans Gruber
Tag der mündlichen Prüfung: 30.05.2007.
Zusammenfassung
Die individuelle Entwicklung des Zahlbegriffs ist seit langem ein zentrales Thema didaktischer Forschung. Vor dem Hintergrund der seit den großen internationalen Vergleichsstudien TIMSS und PISA für den Bereich der Mathematikdidaktik zu verzeichnenden Entwicklungen zur kompetenzorientierten empirischen Bildungsforschung stellen sich für diese Thema neue und bislang kaum hinreichend beantwortete Fragen. So rückt einerseits zunehmend ins Interesse, wie sich die Entwicklung des Zahlbegriffs und ihre Bedingungen in Large Assessment Studies über längere Entwicklungszeiträume darstellen und inwieweit sich bekannte normative Modelle oder durch Fall- bzw. Feldstudien gewonnene Hypothesen auch quantitativ bestätigen lassen. Zum anderen besteht angesichts der neuen didaktischen Fokussierung auf individuelle Diagnostik und kompetenzorientierte Förderung ein großer Bedarf an einer Verbesserung des Wissens über inhaltsspezifische Lernprozesse und ihrer Bedingungen.
Im Rahmen von PALMA (Projekt zur Analyse der Leistungsentwicklung in Mathematik), einer DFG-geförderten interdisziplinären Längsschnittstudie zur Erfassung mathematischer Kompetenzentwicklungen und deren Bedingungen, wurden in der vorliegendden Arbeit quantitaive und qualitative Untersuchungen zum Bruchrechnung durchgeführt. Hierbei wurde ein an PISA angelehnter Kompetenzbegriff zu Grunde gelegt. Eine besondere Rolle spielt hierbei die prozessebezogene Kompetenz des Modellierens. Das Konstrukt mathematischer Grundvorstellungen wurde herangezogen, um mentale Prozesse beim Übersetzen zwischen verschiedenen Darstellungsformen (z.B. Mathematik und Realität) näher beschreiben zu können.
Die zentralen Forschungsfragen der Arbeit sind:
- Wie stellt sich die Gesamtentwicklung von Kompetenzen im Bruchrechnen und ihre Differenzierung nach Schularten und Klassen in den Jgst. 5 bis 7 dar?
- Welche charakteristischen individuellen Strategien und mentale Muster können bei zentralen Fehlern identifiziert werden?
Zur Erfassung von Kompetenzen im Bruchrechnen wurde in die im jährlichen Rhythmus stattfindenden schriftlichen PALMA-Erhebungen eine Subskala zur Bruchrechnung implementiert, deren 38 Items durch ein Multi-Matrix-Design so verankert sind, dass eine Auswertung über Item-Response-Modelle möglich ist (reine Längsschnittstichprobe N=1551). Darüber hinaus wurden am Ende der 6. und 7. Jahrgangsstufe halbstandardisierte Interviews an jeweils 36 Lernenden mit dem Ziel durchgeführt, über die Methode des Lauten Denkens kognitive Prozesse näher untersuchen zu können.
Die Entwicklung der betrachteten mathematischen Teilkompetenz wird durch die raschskalierten Leistungswerte der Schülerinnen und Schüler am Ende der Jahrgangsstufen 5, 6 und 7 nach Schularten und Klassen untersucht. Sie bestätigen die auf der Basis bisheriger Untersuchungen zu erwartenden Unterschiede zwischen den Schularten, weisen jedoch eine in diesem Ausmaß kaum erwartete Streuung innerhalb der Schulart auf. Die Streuungen der Leistungswerte sind schon zu Beginn der Sekundarstufe so deutlich, dass große Überschneidungsbereiche zwischen den Schularten zu beobachten sind. Die Streuung vergrößert sich (zwischen den und innerhalb der Schularten) bis zur siebten Jahrgangsstufe, so dass nicht angenommen werden kann, dass sich die frühe Trennung im dreigliedrigen Schulsystem im Sinne einer optimalen individuellen Förderung auswirkt. Durch die klassenspezifischen Analysen, die eine hohe Streuung der Leistungswerte zwischen und innerhalb von Schulklassen der einzelnen Schularten nachweisen, wurde deutlich, dass auch die Klassenzugehörigkeit einen mittleren bis großen Einfluss auf die Leistungswerte hat (r²≤ 0,22). Diese Ergebnisse verweisen nachdrücklich auf die tragende Rolle von Unterrichtsqualität in den einzelnen Klassen und unterstützen insofern pädagogische und didaktische Bestrebungen, schulische Leistungen über eine Verbesserung der konkreten Bedingungen für Lehren und Lernen zu fördern, ungeachtet der Struktur von Schularten bzw. Schulzweigen. In den quantitativen und qualitativen Analysen zu ausgewählten PALMA-Aufgaben wurden auch in dieser Längsschnittuntersuchung typische Lösungswege und Fehlermuster nachgewiesen, die in empirischen und theoretischen Arbeiten der Literatur beschrieben werden. Es ergeben sich darüber hinaus interessante Hinweise über die Stabilität charakteristischer Fehlkonzepte, wie sie aus querschnittlichen Untersuchungen oder Fallstudien bislang nicht gewonnen werden konnten. In den Interviewanalysen wurden die in den quantitativen Studien am häufigsten aufgetretenen Fehlermuster näher untersucht. Diese charakteristischen Fehler wurden in Transkritpten rekonstruiert und geben einen detaillierten Einblick in authentische Denkprozesse und die ihnen zu Grunde liegenden mentalen Modelle. Hieraus lassen sich Hinweise für die Verbesserung der Grundlagen individueller Diagnostik und Förderung ableiten.
Kontext
Literatur
- Wartha, S. (2007). Längsschnittliche Analysen zur Entwicklung des Bruchzahlbegriffs. Hildesheim: Franzbecker.