Medien in didaktischer Sicht: Unterschied zwischen den Versionen

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==Medium als Umgebung==
==Medium als Umgebung==
Im Kontext von Bildung und Sozialisation begegnet man vielfach Wendungen wie ''„im Medium von …“''.<br />
Im Kontext von Bildung und Sozialisation begegnet man vielfach Wendungen wie ''„im Medium von …“''.<br />
So kennzeichnet Wolfgang Klafki Allgemeinbildung u. a. als ''„Bildung im Medium des Allgemeinen“ <ref>Klafki, Wolfgang [2007]: Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik –  Zeitgemäße Allgemeinbildung und kritisch-kon­struk­tive Didaktik.  Weinheim / Basel: Beltz (6., neu ausgestattete Auflage; 1. Auflage  1985), S. 49 ff.</ref>'' (im Sinne von „im Medium des allen Gemeinen“), oder er spricht von ''„Bildung als Subjektentwicklung im Medium objektiv-allgemeiner Inhaltlichkeit“, <ref>Klafki, Wolfgang [2007]: Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik –  Zeitgemäße Allgemeinbildung und kritisch-kon­struk­tive Didaktik.  Weinheim / Basel: Beltz (6., neu ausgestattete Auflage; 1. Auflage  1985), S. 20.</ref>'' und Kron weist mit Bezug auf Émile Durkheim <ref> Durkheim, Émile [1973]: Erziehung, Moral, Gesellschaft. Vorlesungen an  der Sorbonne 1902/1903. (1972 bei Neuwied: Luchterhand. Aktuelle  Herausgabe 2008 bei Suhrkamp, Frankfurt a. M.)</ref> darauf hin, dass Sozialisation ''„im kulturellen Medium der Moral“ <ref>Kron, Friedrich W. [2000]: Grundwissen Didaktik. München / Basel: Ernst  Reinhardt Verlag (3. aktualisierte Auflage; 1. Aufl. 1993), S. 235.</ref>'' stattfinden würde und dass der „kulturelle Vermittlungsprozess“ eine Enkulturation ''„im kulturellen Medium der sozialen Interaktion“ <ref>Kron, Friedrich W. [2000]: Grundwissen Didaktik. München / Basel: Ernst  Reinhardt Verlag (3. aktualisierte Auflage; 1. Aufl. 1993), S. 237.</ref> '' sei.  <br />
So kennzeichnet Wolfgang Klafki Allgemeinbildung u. a. als ''„Bildung im Medium des Allgemeinen“'' <ref>Klafki, Wolfgang [2007]: Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik –  Zeitgemäße Allgemeinbildung und kritisch-kon­struk­tive Didaktik.  Weinheim / Basel: Beltz (6., neu ausgestattete Auflage; 1. Auflage  1985), S. 49 ff.</ref> (im Sinne von „im Medium des allen Gemeinen“), oder er spricht von ''„Bildung als Subjektentwicklung im Medium objektiv-allgemeiner Inhaltlichkeit“,'' <ref>Klafki, Wolfgang [2007]: Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik –  Zeitgemäße Allgemeinbildung und kritisch-kon­struk­tive Didaktik.  Weinheim / Basel: Beltz (6., neu ausgestattete Auflage; 1. Auflage  1985), S. 20.</ref> und Kron weist mit Bezug auf Émile Durkheim <ref> Durkheim, Émile [1973]: Erziehung, Moral, Gesellschaft. Vorlesungen an  der Sorbonne 1902/1903. (1972 bei Neuwied: Luchterhand. Aktuelle  Herausgabe 2008 bei Suhrkamp, Frankfurt a. M.)</ref> darauf hin, dass Sozialisation ''„im kulturellen Medium der Moral“'' <ref>Kron, Friedrich W. [2000]: Grundwissen Didaktik. München / Basel: Ernst  Reinhardt Verlag (3. aktualisierte Auflage; 1. Aufl. 1993), S. 235.</ref> stattfinden würde und dass der „kulturelle Vermittlungsprozess“ eine Enkulturation ''„im kulturellen Medium der sozialen Interaktion“'' <ref>Kron, Friedrich W. [2000]: Grundwissen Didaktik. München / Basel: Ernst  Reinhardt Verlag (3. aktualisierte Auflage; 1. Aufl. 1993), S. 237.</ref> sei.  <br />


Diese Beispiele weisen auf einen weiteren Aspekt des mit „Medium“ bezeichneten Begriffs hin, der Assoziationen an das aus der physikalischen Optik geläufige „Medium als Umgebung“ weckt (Lichtbrechung: Übergang des Lichts z. B. vom optisch dünneren zum optisch dichteren Medium). Zwar tritt „Medium“ in diesen Beispielen auch „vermittelnd“ auf, jedoch zusätzlich behaftet mit dem Aspekt einer „Umge­bung“,  der eine ''„Möglichkeit zu etwas ...“'' beschreibt. <ref>Hischer, Horst [2010]: Was sind und was sollen Medien, Netze und  Vernetzungen? – Vernetzung als Medium zur Weltaneignung. Hildesheim:  Franzbecker, S. 12, S. 22 ff.</ref> Zu den vier Aspekten von Medium als ''Vermittler von Kultur, dargestellte Kultur, Werkzeug zur Weltaneignung und künstliches Sinnesorgan'' gesellt sich damit – nicht trennscharf – ein weiterer Aspekt: <ref>Hischer, Horst [2010]: Was sind und was sollen Medien, Netze und  Vernetzungen? – Vernetzung als Medium zur Weltaneignung. Hildesheim:  Franzbecker, S. 25</ref>
Diese Beispiele weisen auf einen weiteren Aspekt des mit „Medium“ bezeichneten Begriffs hin, der Assoziationen an das aus der physikalischen Optik geläufige „Medium als Umgebung“ weckt (Lichtbrechung: Übergang des Lichts z. B. vom optisch dünneren zum optisch dichteren Medium). Zwar tritt „Medium“ in diesen Beispielen auch „vermittelnd“ auf, jedoch zusätzlich behaftet mit dem Aspekt einer „Umge­bung“,  der eine ''„Möglichkeit zu etwas ...“'' beschreibt. <ref>Hischer, Horst [2010]: Was sind und was sollen Medien, Netze und  Vernetzungen? – Vernetzung als Medium zur Weltaneignung. Hildesheim:  Franzbecker, S. 12, S. 22 ff.</ref> Zu den vier Aspekten von Medium als ''Vermittler von Kultur, dargestellte Kultur, Werkzeug zur Weltaneignung und künstliches Sinnesorgan'' gesellt sich damit – nicht trennscharf – ein weiterer Aspekt: <ref>Hischer, Horst [2010]: Was sind und was sollen Medien, Netze und  Vernetzungen? – Vernetzung als Medium zur Weltaneignung. Hildesheim:  Franzbecker, S. 25</ref>
: (5) Medium als ''Umgebung für den erkennenden und lernenden Menschen''. <br />
: (5) Medium als ''Umgebung für den erkennenden und lernenden Menschen''. <br />
In diesem Sinn können dann auch „Lernumgebungen“ als Medien aufgefasst werden.
In diesem Sinn können dann auch „Lernumgebungen“ als Medien aufgefasst werden.
 
 
==„Medium“ als Genus verbi im Griechischen==
==„Medium“ als Genus verbi im Griechischen==
Die deutsche Sprache kennt zwei sog. „Verbformen“ auch „Verbgeschlecht“ oder „Genus verbi“): das „Aktiv“ und das „Passiv“. Im Griechischen gibt es darüber hinaus ein drittes Genus verbi, das zwischen diesen beiden Genera liegt, also zwischen Aktiv und Passiv, indem es grammatisch eine ''Mittelstellung'' einnimmt und deshalb auch „Medium“ genannt wird.<sup>20</sup> Während beim Aktiv eine Handlung beschrieben wird, die vom Subjekt ausgeht, und beim Passiv eine Handlung beschrieben wird, die das Objekt „erleidet“, bezeichnet das „Medium“ als Verb­form im Griechischen eine '''Handlung''', ''die vom Subjekt des Satzes ausgeht und auf eben dieses Subjekt zurückwirkt''. Dieses kann gemäß Peter  Riemer auf verschiedene Weisen geschehen:<ref>Vgl. hierzu die ausführliche Darstellung von Peter Riemer in Hischer,  Horst [2010]: Was sind und was sollen Medien, Netze und Vernetzungen? –  Vernetzung als Medium zur Weltaneignung. Hildesheim: Franzbecker, S. 26  ff.</ref> '''dynamisch''' (das Subjekt ist unmittelbar betroffen, z. B. „sich freuen“, „hören“, „arbeiten“), '''direkt''' (Subjekt und Objekt der Handlung sind identisch, z. B. „ich wasche mich“), '''indirekt''' (Subjekt und Objekt sind zwar nominell verschieden, das Subjekt ist aber involviert, z. B. „ich wasche mir den Körper“, „die Menschen gaben sich die Gesetze“), '''kausativ''' (das Subjekt hat ein genuines Inter­esse an der von ihm ausgehenden Handlung, also an der Wirkung, z. B. „ich lasse mir die Tochter bzw. den Sohn ausbilden“), '''reziprok''' (in die durch das Verb bezeichn­ete Handlung sind zwei Subjekte wech­selseitig einbezogen, z. B. „sich unterhalten“, „kämpfen“).<br />
Die deutsche Sprache kennt zwei sog. „Verbformen“ auch „Verbgeschlecht“ oder „Genus verbi“): das „Aktiv“ und das „Passiv“. Im Griechischen gibt es darüber hinaus ein drittes Genus verbi, das zwischen diesen beiden Genera liegt, also zwischen Aktiv und Passiv, indem es grammatisch eine ''Mittelstellung'' einnimmt und deshalb auch „Medium“ genannt wird.<sup>20</sup> Während beim Aktiv eine Handlung beschrieben wird, die vom Subjekt ausgeht, und beim Passiv eine Handlung beschrieben wird, die das Objekt „erleidet“, bezeichnet das „Medium“ als Verb­form im Griechischen eine '''Handlung''', ''die vom Subjekt des Satzes ausgeht und auf eben dieses Subjekt zurückwirkt''. Dieses kann gemäß Peter  Riemer auf verschiedene Weisen geschehen:<ref>Vgl. hierzu die ausführliche Darstellung von Peter Riemer in Hischer,  Horst [2010]: Was sind und was sollen Medien, Netze und Vernetzungen? –  Vernetzung als Medium zur Weltaneignung. Hildesheim: Franzbecker, S. 26  ff.</ref> '''dynamisch''' (das Subjekt ist unmittelbar betroffen, z. B. „sich freuen“, „hören“, „arbeiten“), '''direkt''' (Subjekt und Objekt der Handlung sind identisch, z. B. „ich wasche mich“), '''indirekt''' (Subjekt und Objekt sind zwar nominell verschieden, das Subjekt ist aber involviert, z. B. „ich wasche mir den Körper“, „die Menschen gaben sich die Gesetze“), '''kausativ''' (das Subjekt hat ein genuines Inter­esse an der von ihm ausgehenden Handlung, also an der Wirkung, z. B. „ich lasse mir die Tochter bzw. den Sohn ausbilden“), '''reziprok''' (in die durch das Verb bezeichn­ete Handlung sind zwei Subjekte wech­selseitig einbezogen, z. B. „sich unterhalten“, „kämpfen“).<br />